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In Afghanistan haben die Berichte über den Tod zahlreicher Zivilisten bei US-geführten Luftangriffen für Entrüstung gesorgt. Nahe des Dorfs Azizabad, wo nach afghanischen Regierungsangaben 76 Zivilisten getötet worden waren, protestierten wütende Bewohner gegen die ausländischen Truppen.
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Präsident Hamid Karzai verurteilte das "Martyrium von mehr als 70 Unschuldigen". Die multinationalen Truppen leiteten eine Untersuchung ein. "Alle Anschuldigungen zum Tod von Zivilisten werden sehr ernst genommen", hieß es in einer Erklärung vom US-Hauptmilitärstützpunkt in Bagram nördlich von Kabul.
Eine unabhängige Überprüfung der Angaben des Innenministeriums in Kabul, wonach in der westafghanischen Provinz Herat zahlreiche Frauen und Kinder bei Luftangriffen getötet wurden, war auch am Wochenende nicht möglich.
Die Region gilt als gefährlich, da sie eine Hochburg der radikalislamischen Taliban und anderen Rebellen ist. Die Koalitionstruppen bestätigten zwar den Einsatz im Bezirk Shindand, sprachen aber von 30 getöteten Taliban. Eine Untersuchung solle nun Klarheit schaffen. Laut Polizei wurden nahe Azizabad 15 Häuser bei der Bombardierung zerstört.
Eine Demonstration Einheimischer geriet am Samstag kurzzeitig außer Kontrolle. Afghanische Soldaten seien mit Steinen beworfen worden und hätten in die Luft schießen müssen, um die Demonstranten auseinanderzutreiben, sagte der Kommandant der Polizeikräfte in der Region, Akramuddin Jawer.
Auch im afghanischen Parlament sorgte der Vorfall für Empörung. Die Koalitionstruppen hätten "auf grausame und barbarische Weise Zivilisten bombardiert", sagte der Abgeordnete Said Shafik. Die ausländischen Soldaten seien mit ihren "eigenen Zielen" nach Afghanistan gekommen und wollten dort nicht die Sicherheitslage verbessern, sagte der Parlamentarier der Provinz Herat, Aziz Nadim.
Den Koalitionstruppen wird immer wieder vorgeworfen, bei Gefechten mit Aufständischen den Tod von Zivilisten in Kauf zu nehmen. Nach Angaben der afghanischen Menschenrechtskommission kamen seit Jahresbeginn 900 Zivilisten durch Kämpfe ums Leben. Im Juli wurden bei zwei Luftangriffen der internationalen Truppen insgesamt 64 Zivilisten getötet, die meisten von ihnen Frauen und Kinder, die Gäste einer Hochzeitsgesellschaft waren.