Eine 23-Jährige schafft in Kabul eine neue Mediendimension.
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Eine tadellos geschminkte Frau mit auftoupiertem Haar strahlt mit geheimnisvollem Blick vom "Gellara"-Cover. Das Frauenmagazin beinhaltet auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches: Mit Berichten über Lifestyle, Mode, Schönheits- und Gesundheitstipps sowie über außergewöhnliche Frauen unterscheidet es sich nicht weiter von den gängigen Magazinen dieser Art weltweit. Ungewöhnlich ist jedoch der Erscheinungsort, denn dort gibt es sonst nicht viel Positives über Frauen zu berichten. "Gellara" erscheint nämlich in Kabul und ist das erste Frauenmagazin in Afghanistan. Ins Leben gerufen hat es Fatana Hassanzada. Die 23-Jährige ist eigentlich Angestellte in einem Luftfahrtunternehmen. "In den vergangenen 15 Jahren haben sich die Medien hauptsächlich auf Kriegsberichterstattung und Gewalt gegen Frauen konzentriert. Sie haben nie darüber nachgedacht, dass Frauen im Nachkriegs-Afghanistan vielleicht auch gerne über Mode, Stil und modernes Leben lesen möchten", sagte Hassanzada der spanischen Nachrichtenagentur EFE. Sie ist nicht nur Eigentümerin, sondern auch Chefredakteurin und hat ihre 16 - freiwilligen - Mitarbeiterinnen auf der Universität von Kabul und über Facebook angeworben. Ein Jahr lang haben sie an der ersten Ausgabe gearbeitet, die vor knapp zwei Wochen erschienen ist und von der 2000 Stück gedruckt wurden. Die Produktionskosten hat eine Firma übernommen, die in dem Magazin auch inseriert. Doch schon bei der nächsten Ausgabe der monatlich erscheinenden Zeitschrift hofft Hassanzada genug Geld zusammenzuhaben, um das Heft alleine schupfen zu können und ihren Mitarbeiterinnen ein Gehalt zahlen zu können. Theoretisch sollte das möglich sein. Immerhin sieht sie in den hunderttausenden gebildeten Afghaninnen im ganzen Land potenzielle Leserinnen, für die sich das Magazin zudem zum Forum für Gedankenaustausch entwickeln soll. Finanzielle Probleme sind allerdings nur ein Teil der Sorgen Hassanzadas. Denn ein Magazin, dass Models in Kleidung zeigt, bei der Beine und Dekolleté sichtbar sind, ist natürlich bei den Taliban weniger beliebt. Aus Angst, dass Redaktion und Druckerei niedergebrannt werden, hält das Magazin seine Adresse geheim, jene der Mitarbeiter sowieso. Dass die Terrormilizen nicht scherzen, hat schon Radio Shaista erfahren. Der afghanische Frauen-Sender musste zwei Mal schließen, weil er von den Islamisten verwüstet wurde beziehungsweise die Direktorin von diesen zu Hause aufgesucht und bedroht wurde. Das soll bei "Gellara" eben nicht geschehen und Frauen in Afghanistan ein weiteres Stück Normalität damit sichern, dass sie ein Magazin lesen können, wie es Milliarden Frauen weltweit auch kennen.