Reich der Mitte will seine Kredite auf dem Schwarzen Kontinent verdoppeln.
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Peking/Paris. China ist fest entschlossen, in Afrika noch stärker als bisher Fuß zu fassen. In den kommenden drei Jahren will das Reich der Mitte seine Kredite an dortige Länder auf 20 Milliarden Dollar verdoppeln. Das Geld soll in Infrastruktur, Landwirtschaft Industrie sowie Klein- und Mittelbetriebe fließen.
Chinas Firmen sind seit längerem stark in Afrika engagiert. Da die Chinesen auf die moralisierende Rede, die die westliche Welt zum Thema Menschenrechte und Demokratie gerne hält, verzichten, haben sie es schrittweise geschafft, sich auf dem Schwarzen Kontinent festzusetzen. Dabei stützen sie sich auf das Prinzip der Nichteinmischung und rühmen sich damit, eine Win-win-Partnerschaft mit Afrika herzustellen: Chinas boomende Wirtschaft lechzt nach Öl und anderen wichtigen Rohstoffen aus Afrika, während Afrika vom Engagement Chinas profitiert.
Vor drei Jahren hat China die USA als größten Handelspartner Afrikas abgelöst. 2011 stieg das bilaterale Handelsvolumen um 166 Milliarden Dollar. Und diese Zahl soll noch dramatisch steigen. Doch für Benjamin Augé, Forscher beim Französischen Institut für Geopolitik, verbirgt sich hinter dem chinesischen Pragmatismus manchmal eine verzerrte Partnerschaft: "China gibt Entwicklungshilfe und erhält auf afrikanischer Seite Rohstoffe. Das ist nicht echte Hilfe, sondern Tauschhandel", sagt er. Augé war im Kongo und hat dort bemerkt, dass die Straßen, die die Chinesen gebaut haben, oft von schlechter Qualität sind. "Sie wurden gegen Erz, dessen Wert ständig steigt, getauscht. Das Problem ist, dass die ‚Terms of Trade‘ in diesen Fällen ungleich sind."
Neokolonialismus-Debatte
Für den Schwarzafrika-Spezialisten Cyril Musila, einen französisch-kongolesischen Forscher, ist der Vorwurf, China sei ein Neokolonialist, nicht berechtigt. "Die Debatte um den Aufstieg eines ‚Chinafrikas‘, das sich drohend abzeichnet, ist eine typisch westliche Debatte. Diese Debatte wird nicht von Afrikanern geführt", betont er. "Afrika gehört Afrika. Die Afrikaner wollen einfach die Möglichkeit haben, zwischen ihren verschiedenen Partnern wählen zu können, egal ob China, Indien oder Frankreich."
Musila räumt freilich ein, dass man mit China als Hauptpartner zumindest den Eindruck hat, "es gibt etwas Neues".