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Afrikanischer Aufruhr und Allianzen

Von Claudia Peintner

Politik

Schicksalswoche bei Kopenhagener Klimakonferenz. | Konflikt zwischen Reich und Arm: Ein neues Protokoll oder Kyoto fortsetzen? | Kopenhagen/Wien."Im Moment herrscht absoluter Stillstand", berichtet Christoph Bals von der deutschen Umweltorganisation Germanwatch aus Kopenhagen. Ein von afrikanischen Staaten angeführter Protest hat am Montag Nachmittag zur Unterbrechung der Gespräche geführt. Stein des Anstoßes ist vordergründig die Vertrags-Ausgestaltung: | Dossier: Klimagipfel in Kopenhagen


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Die Entwicklungsländer werfen den Industrieländern vor, das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll aufgeben zu wollen und den gesamten Gipfel zum Scheitern zu bringen. Anders als die Industrienationen befürworten die armen Länder eine Verlängerung des Kyoto-Protokolls, das die Unterzeichnerstaaten zur Reduzierung von Treibhausgasen verpflichtet. Für die Entwicklungsländer wollen sie ein zusätzliches Abkommen ausarbeiten.

"Wie dieses im Detail ausschauen soll, darüber gibt es jedoch in der G77-Gruppe zwei unterschiedliche Standpunkte", schildert der Umweltexperte Bals. So fordern die vom Klimawandel stark betroffenen Inselstaaten ein zweites Protokoll, das die Höhe und Quellen der Finanzhilfen für Entwicklungsländer festlegt. Darüber hinaus soll dieses die USA zu einer maßgeblichen CO2-Reduktion verpflichten und auch den Schwellenländern Klimaschutzmaßnahmen vorschreiben.

Gegen solche verbindliche Zusagen stemmen sich jedoch die afrikanischen Staaten und Indien - quasi mit dem lokalen Großinvestor China im Nacken. Das Reich der Mitte schrecke davor zurück, dass seine auf den Tisch gelegten Klimaschutzprojekte dann internationalen Überprüfungen ausgesetzt seien, glauben Experten. Es sei ein ungewöhnlicher Schritt für China, das sich bis dato lediglich von der Welthandelsorganisation und der internationalen Atomenergiebehörde in die Karten blicken lassen muss. Innerhalb der G77-Gruppe setzt sich die Allianz rund um China daher für einen Vertrag ein, der nur unverbindliche Zusagen zu Reduktionszielen und weiteren Aktionsschritten beinhaltet. Auf diesen - nicht neuen - Beschluss hätte man sich bereits bei der UN-Klimakonferenz 2007 auf Bali geeinigt, kritisiert Bals.

Im Schlepptau der USA

Inwieweit sich China im Endspurt des Klimagipfels bewegt, wird nach Ansicht von Experten vor allem von den Taten der USA abhängen. Das Angebot des größten Treibhausgasemittenten sieht derzeit eine Kürzung des Treibhausgasausstoßes im Jahr 2020 von etwa 17 Prozent gegenüber 2005 vor - was allerdings verglichen mit dem europäischen Basisjahr 1990 lediglich einer Minderung um etwa drei Prozent entspricht. Bis zum Jahr 2025 soll der amerikanische Beitrag auf minus 30 Prozent gegenüber 2005 steigen.

Umstritten zwischen Industriestaaten und Entwicklungs- sowie Schwellenländern sind neben der Verminderung von Treibhausgas-Emissionen auch noch Finanzfragen. Dass die EU den armen Ländern bis 2012 insgesamt 7,2 Milliarden Euro in Aussicht stellt, hat die G77-Gruppe am Montag abermals als ungenügend kritisiert.

Während bisher in der dänischen Hauptstadt auf Beamtenebene versucht worden war, eine Einigung zu finden, setzen zu Beginn der Abschlusswoche die Umweltminister aus 192 Staaten die Gespräche fort.

Fröstelnd sitzen gelassen

Die Verhandlungen werden von zahlreichen Demonstrationen begleitet. Insgesamt nahm die Polizei innerhalb von drei Tagen 1243 Umweltaktivisten fest. Das überharte Vorgehen der Polizei sorgte dabei für internationale Misstöne. Die Ordnungswächter hatten am Wochenende knapp 1000 Demonstranten "vorbeugend" festgenommen und bei Frost stundenlang gefesselt auf der Straße sitzen lassen.