Durban - Im südafrikanischen Durban begann gestern die letzte Gipfelkonferenz der Organisation der Afrikanischen Einheit (OAU) und zugleich die Gründungskonferenz der Afrikanischen Union (AU) - nach gelegentlich beschworenem Vorbild der Europäischen. Von solchen Voraussetzungen sind die "Groß-Männer" - wie Afrikas Herrscher bisweilen vom Volk genannt werden - aber noch weit entfernt.
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Als Gastgeber des letzten OAU-Gipfels erklärte Südafrikas Präsident Thabo Mbeki, die Organisation der Afrikanischen Einheit habe nach fast vier Jahrzehnten ihre Aufgabe erfüllt. Die alten Kolonialstrukturen seien beseitigt, Einheit und Solidarität Afrikas hergestellt. Nun gelte es, neue Akzente zu setzen und Armutsbekämpfung und Menschenrechte in den Vordergrund zu stellen. Sambias neuer Präsident Mwanawasa sprach sich in Durban dafür aus, dass die AU ihren Sitz in Libyen haben sollte - Libyens, dessen Staatschef Muammar el-Ghaddafi die Initiative vor rund einem Jahr ins Leben gerufen hat - und Libyens, wo in diesem einen Jahr Dutzende schwarzafrikanische Gastarbeiter bei fremdenfeindlichen Hetzjagden ums Leben gekommen sind. Zum Generalsekretär wurde der ehemalige Außenminister der Elfenbeinküste, Amara Essy, gewählt. Nach den Vorstellungen des togolesischen Präsidenten General Gnassingbe Eyadema soll der AU eine eigene Friedenstruppe angegliedert sein. Die Eingreiftruppe müsse von der internationalen Gemeinschaft und der UNO unterstützt werden.
Am Sonntag wurde zwar eine gegenseitige Kontrolle vereinbart, um Rechtsstaatlichkeit zu schaffen, aber der senegalesische Staatspräsident Abdoulaye Wade scherte gleich wieder aus: "Das ist wirklichkeitsfremd. Wie stellen Sie sich das vor? Wie soll ich einem Präsidenten eines Landes sagen, seine Wahlen oder sein Umgang mit der Presse entsprächen nicht den Regeln?" In bilateralen Konferenzen versuchten die Gipfelteilnehmer seither, ihre Meinungsverschiedenheiten über das Wirtschaftsprogramm der Union beizulegen, das den Titel Neue Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas (NEPAD) trägt. Es geht unter anderem um den Umfang und die Besetzung des Lenkungsausschusses der NEPAD, der Einfluss auch auf Großprojekte haben wird.
Er konnte nicht verstehen . . .
Nach seiner Flucht auf die Seychellen ist Madagaskars Ex-Präsident Didier Ratsiraka nun, begleitet von rund 20 Familienmitgliedern und engen Günstlingen, in Frankreich eingetroffen. Damit scheint die seit der Präsidentschaftswahl im Dezember andauernde Regierungskrise endgültig beigelegt. Sieben Monate lang hatte er sich geweigert, den Sieg seines Kontrahenten Marc Ravalomanana anzuerkennen. Zuvor hatte er ein Vierteljahrhundert lang mit kurzer Unterbrechung uneingeschränkt das Land beherrscht.
dass er von gestern war
Das madagassische Beispiel zeigt, woran viele Staatsgebilde des Kontinents noch heute und immer mehr leiden: An einer klientelistischen, zunehmend tribalen Politik, die den politischen Gegner zu den Waffen - und den, der es aus eigener Initiative zu etwas bringen will, zur Auswanderung treibt. Denn so, wie der noch dünn besiedelte Weltteil lieber am Tropf der Geberländer hängt - den Kolonialismus wie eine anklagende und zugleich alles entschuldigende Monstranz vor sich hertragend -, anstatt aus eigenem Reichtum zu Wohlstand zu kommen, so geben sich auch viele der Einzelnen. Sie hängen sich an einen Meister, pumpen ihn zur unverschämten Machtblase auf und erwarten, dass er alle Schwierigkeiten - und Unbequemen - aus dem Weg räumt. Eine Unterordnung von Afrikas Gewaltigen unter einen strengeren gemeinsamen Kodex, als es jener der OAU war, könnte gleichwohl die Häufigkeit von zwischenstaatlichen Konflikten drosseln helfen. Ob die AU indes solche Instumente bekommt, ist ebenso fraglich wie die Entwicklung einer Gesellschaft, in der der Popanz nicht mehr jedermanns Star ist. Die, die daran vielleicht glauben, tun dies immer öfter außerhalb Afrikas.