In der Serie "Streit der Ökonomen" ließ die "Wiener Zeitung" zwei wirtschaftspolitische Welten aufeinanderprallen.
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Wien. Die "Wiener Zeitung" hat in der Serie "Streit der Ökonomen" die Thesen der Agenda Austria durch den Fleischwolf der Ökonomen von Attac und Arbeiterkammer geschickt. Rausgekommen ist ein Überblick über die wirtschaftspolitischen Grundsatzdebatten entlang des gesamten Spektrums von links bis "neoliberal".
Nach Eigendefinition ist die 2013 gegründete Agenda Austria "der erste von Staat, Parteien, Kammern und Interessenverbänden unabhängige Think Tank Österreichs". Finanziert ist die Denkfabrik von der Erste Bank, von Stiftungen, Industriekonzernen wie der Umdasch-Gruppe oder dem Autozulieferer Miba oder der Beratergruppe Accenture. Alle Spender werden in wenigen Tagen auf der Homepage veröffentlicht, kündigt Agenda-Chef Schellhorn im Interview an.
Erklärtes "Mission Statement" der Agenda: "Das Land in gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Belangen zu öffnen." Das versucht die Denkfabrik mit Studien, aber auch polemisch angehauchten Schriften, die sie unters Volk bringt. So werden im "Handbuch zur intellektuellen Selbstverteidigung" sieben "Mythen" aufgebaut, um sie anschließend argumentativ zu zertrümmern.
Wird der Staat wirklich kaputtgespart? Braucht es wirklich mehr Umverteilung, damit sich die Schere zwischen Arm und Reich schließt? Zerstört Wirtschaftswachstum unseren Planeten und hilft nur den Reichen?
Die Antwort auf all diese Fragen ist erwartungsgemäß: Nein. Denn aus Sicht der Agenda Austria wird der Staat nicht kaputtgespart, sondern hat eine noch nie dagewesene Dimension erreicht. Er sei außerdem "Umverteilungsweltmeister", weshalb der Ruf nach mehr Ausgleich zwischen Reich und Arm ins Leere gehe. Und das Wachstum, das den Planeten zerstört? Das ist für die Agenda kein Fluch, sondern ein Fluchthelfer aus der Armut.
Wem es nun die Nackenhaare wegen so viel "Neoliberalismus" aufstellt, dem geht es wie den linken Ökonomen von Attac und der Arbeiterkammer. Wovon sollte man sonst reden als vom "Kaputtsparen", wenn in Griechenland der "neoliberale Sparwahn" die Arbeitslosigkeit explodieren lasse? Warum wird eine steigende Staatsquote als negativ empfunden, wenn die Leistungen des Staates parallel dazu stiegen? Für die Gegner der Agenda ist es ein plumper Mythos, dass Wirtschaftswachstum die Welt aus der Armut befreit. Das gelte vielleicht für China. Doch um den Preis einer enormen Ungleichheit und Umweltzerstörung. Außerdem sei das kommunistische China wohl ein schlechter Zeuge für die Segnungen des freien Marktes.
Mythologie vs. Realität
So schlagen Thesen auf Thesen und Mythen auf Mythen. Doch es gibt auch Gemeinsamkeiten und die sind zum Teil sehr österreichisch. Etwa das gemeinsame Lob für die Lohnpolitik der Sozialpartner oder die Übereinstimmung darin, dass die Reichen und die Armen, wenn es um die wahre Last der Steuern und Abgaben geht, längst im selben Boot sitzen.