Fico will gutes Verhältnis im Interesse der Wirtschaft. | Pressburg. Der Besuch des chinesischen Staatspräsidenten Hu Jintao in Pressburg liegt schon mehr als eine Woche zurück, er bleibt jedoch Thema in der politischen Öffentlichkeit in der Slowakei. Nun befasste sich der Nationalrat damit.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Zum Auftakt des Besuchs war es vor dem Präsidentenpalast zu einer Schlägerei zwischen Menschrechtsaktivisten und der Polizei und nachfolgend zu Festnahmen gekommen. Mitte dieser Woche meldete das Onlineportal aktualne.sk, dass hinter den Ausschreitungen Angehörige des chinesischen Geheimdiensts steckten; Agenten könnten auch künftig als Diplomaten in der Slowakei tätig sein. Das Medium berief sich generell auf eine Arbeitsbeschreibung kommunistischer Geheimdienste sowie auf eigene Informationen, wonach während des Staatsbesuchs chinesische Diplomaten aus den Nachbarländern in Pressburg im Einsatz waren, und auf einen Mitarbeiter des Instituts für das Gedächtnis des Volkes (UPN).
"Männer in Schwarz"
Innenminister Robert Kalinák wies die Vorwürfe als "blanken Unsinn" zurück. Während des Staatsbesuchs seien 18 Männer zum Schutz des Präsidenten im Einsatz gewesen, aus den Nachbarstaaten seien 30 chinesische Diplomaten angereist. Später räumte er ein, vor dem Präsidentenpalast seien "Männer in Schwarz" im Auftrag der chinesischen Botschaft in Pressburg tätig gewesen. Nach deren Angaben wiederum befanden sich unter diesen Männern keine Mitarbeiter der Botschaft.
Die Nachricht sorgte nicht zuletzt deshalb für Wirbel, weil die Slowakei als ein Land mit einer der strengsten Gesetzgebungen zur Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit in Mittel- und Osteuropa gilt. Erst zu Wochenbeginn hatten heftige Diskussionen um die weitere politische Tragbarkeit eines engen Mitarbeiters von Parlamentspräsident Pavol Paska stattgefunden, weil dieser vom UPN als Mitarbeiter des früheren tschechoslowakischen Geheimdiensts enttarnt worden war.
Im Interesse guter wirtschaftlicher Beziehungen zu China sind die Slowaken jedoch offenbar dazu bereit, mit zweierlei Maß zu messen und Debatten über Geheimdienstmitarbeiter aus dem Reich der Mitte nicht weiter Raum greifen zu lassen. Man bemüht sich schon seit geraumer Zeit um eine ökonomische Neuorientierung nach Asien. Laut dem Wirtschaftsministeriums läuft die Bewerbung des Nachbarlandes um eine Teilnahme an der Expo 2010 in Schanghai auf Hochtouren. Ministerpräsident Robert Fico unterstrich vor dem Parlament, man müsse mit China gute Beziehungen haben. Der Premier sei verpflichtet, sich für Unternehmen mit gutem Ruf einzusetzen.