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Agentur für Europas Verteidigung

Von Waldemar Hummer

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Waldemar Hummer ist Universitätsprofessor für Völker- und Europarecht am Institut für Völkerrecht, Europarecht und Internationale Beziehungen der Universität Innsbruck.
© privat

Bereits vor Inkrafttreten der geplanten EU-Verfassung wurde die Europäische Verteidigungsagentur eingerichtet. Sie dient vor allem der Umsetzung der vom Rat der EU im Dezember 2003 angenommenen "Europäischen Sicherheitsstrategie" (ESS).


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Vorgesehen ist die Europäische Verteidigungsagentur (EVA) in Art. I-41 Abs. 3 und Art. III-311 des Vertrages über eine neue Verfassung für die EU (2004). Sie wurde - mit Sitz in Brüssel - durch die Gemeinsame Aktion 2005/441/GASP des Rates vom 12. Juli 2004 (ABl. 2004, Nr. L 245, S. 17 ff.) errichtet.

Durch zwei weitere Beschlüsse des Rates im September 2004 wurde auch ein eigenes Bedienstetenstatut für die Mitarbeiter der Agentur erlassen sowie eine Regelung für die für die EVA abgestellten nationalen Experten (so genannte secondment) getroffen. Die EVA nahm ihre operative Tätigkeit Ende 2004 auf. An der EVA nehmen - mit Ausnahme Dänemarks - alle EU-Staaten teil.

Leiter der EVA ist der Hohe Vertreter für die Gemeinsame Außen und Sicherheitspolitik (GASP) der EU, der Spanier Javier Solana. Die Entscheidungsbefugnis liegt beim Lenkungsausschuss, der sich aus den Verteidigungsministern der an der EVA teilnehmenden Mitgliedsstaaten zusammensetzt. Die operative Arbeit der Agentur wird durch einen auf drei Jahre gewählten Hauptgeschäftsführer - derzeit der Brite Nick Witney - geleitet, der zusammen mit fünf Direktoren für die Bereiche Rüstung, militärische Fähigkeiten, Forschung und Entwicklung, Industrie- und Marktaspekte sowie Corporate Services den Management Board der EVA bildet. Die EVA verfügt über ein jährliches Budget in Höhe von 20 Millionen Euro und war im Herbst 2005 mit einem Personalstand von mehr als 80 Mitarbeitern ausgestattet.

Innerhalb der vielfältigen Aufgaben der EVA kommt der Implementierung des "Headline Goals 2010", des "European Capability Action Plans" (ECAP) sowie des "Battle-Group"-Konzepts eine Schlüsselrolle zu. Beim "Headline Goal 2010", das vom Rat im Mai 2004 angenommen wurde, handelt es sich um die Weiterentwicklung der bereits 1999 beschlossenen raschen Eingreiftruppe der EU im Umfang von 60.000 Mann zur Durchführung von "Petersberg-Aufgaben" zur Krisenbekämpfung, beim ECAP um einen Plan zur Beseitigung der größten Defizite beim militärischen Gerät und bei den "Battle-Groups" um kleinere mobile Kampfverbände, die innerhalb weniger Tage einsatzbereit sind und deren Personal sich aus mindestens zwei Mitgliedsstaaten rekrutieren muss.

Die EVA besitzt keine Weisungsbefugnis gegenüber den Mitgliedsstaaten bei nationaler Streitkräfte- oder Rüstungspolitik. Ihre Aufgabe ist vielmehr die Erstellung von Bewertungskriterien, die dann als Evaluierungsmaßstab für die jeweiligen nationalen Zusagen an der Mitwirkung der "Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik" (ESVP) dienen. "Headline Goal", ECAP und Battle-Groups sind von der Zusage und Bereitstellung der militärischen Mittel durch die Mitgliedsstaaten abhängig.

Für den dazu notwendigen gemeinsamen Markt für die Beschaffung von Rüstungsgütern stellte bisher Art. 296 Abs. 1 EGV ein unüberwindbares Hindernis dar, erlaubte er doch jedem Mitgliedstaat, Auskünfte zurückzuhalten, deren Preisgabe seinen wesentlichen Sicherheitsinteressen widersprechen würde. Dementsprechend beschloss der Rat am 21. November einen Verhaltenskodex zur Öffnung des Rüstungsmarktes - in Höhe von mehr als 30 Milliarden Euro - auf den sich die Mitgliedsstaaten ab Juli 2006 freiwillig verpflichten sollten. Rüstungsaufträge über einer Million Euro müssen dann bei der EVA angemeldet und öffentlich ausgeschrieben werden.