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Agrana kann "nun gut leben"

Von Christine Zeiner

Wirtschaft

Schließung - 260 Mitarbeiter betroffen. | Agrana: "Folge der Zuckermarktreform". | Wien. "Wir haben nun die Struktur erreicht, dass wir auch in der neuen EU-Zuckermarkt-Landschaft gut existieren werden können", sagte Agrana-Vorstandsvorsitzender Johann Marihart, nachdem der Zucker-, Frucht- und Stärkekonzern am Montag bekannt gegeben hatte, zwei Werke zu schließen.


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In Hohenau in Niederösterreich werden 136 Mitarbeiter, in Rimavská Sobota in der Slowakei 123 Mitarbeiter ihre Arbeit verlieren. Soziale Abfederungsmaßnahmen seien in beiden Werken in Ausarbeitung, teilte das Unternehmen mit. Die heimischen Zuckerrüben würden in den zwei verbleibenden Werken in Tulln und Leopoldsdorf verarbeitet werden, habe der Agrana-Aufsichtsrat am Montag beschlossen.

Immer wieder - zuletzt im September - hatte die Agrana angekündigt, ein Werk zu schließen, sollte es im EU-Zuckermarkt zu "spürbaren" Veränderungen kommen. Anfang Mai hatte die Welthandelsorganisation (WTO) die Subventionspolitik der EU für rechtswidrig erklärt - die großen Produzentenländer Brasilien, Australien und Thailand hatten eine Klage eingereicht. Die Zuckermarktordnung (ZMO) verstoße gegen die internationalen Handelsregeln, hieß es von der WTO. Im Schnitt zahlten die europäischen Konsumenten 1 Euro pro Kopf und Monat mehr als auf einem theoretisch freien Markt. Auch damit konnten Überschüsse zu - so der Vorwurf - Dumpingpreisen am Weltmarkt verkauft werden.

Pröll: " nicht notwendig"

Der EU-Zuckermarkt - das System existierte seit 1968 - war der letzte vollständig regulierte Bereich der EU-Agrarpolitik. Die südlichen EU-Länder - Italien, Spanien, Portugal und Griechenland - sowie Irland, Finnland, Lettland und Litauen stemmten sich am meisten gegen eine Reform. Ihre Produktion bringt weit weniger Ertrag als jene in Frankreich, Polen, Deutschland und auch Österreich und hat ohne der Regelungen wenig Chancen.

Ende November einigten sich die europäischen Landwirtschaftsminister schließlich doch. Die EU produzierte bisher 20 Mio. Tonnen Zucker pro Jahr, 3 Mio. davon sind Überschüsse, die am Weltmarkt verkauft wurden. In Folge der Reform soll die Produktion auf etwa 12 Mio. Tonnen gesenkt werden. "Die Überschussmengen sollen also nicht mehr exportiert werden", erklärte Ernst Karpfinger, Obmann des Rübenbauernbundes. Das neue System erzwinge in Österreich aus seiner Sicht keine Schließung von Zuckerfabriken, hatte Landwirtschaftsminister Josef Pröll erklärt.

Das sehen Agrana und der Österreichische Rübenbauernbund offenbar anders: "Die Reform funktioniert nicht", sagte Karpfinger zur "Wiener Zeitung". Die Kommission sei davon ausgegangen, dass "die Besten" in der EU überbleiben, der Rest bekäme einen "Golden Handshake".

Handshake wurde noch nicht angenommen

Das sei allerdings so noch nicht eingetreten. Die Regelung sieht vor, dass die Industrien - in Österreich die Agrana - heuer 127 Euro und im kommenden Jahr 178 Euro je Tonne Weißzucker in einen Topf zahlen. Unternehmen, die aus der Verarbeitung aussteigen, erhalten daraus heuer und nächstes Jahr 730 Euro je Tonne. Wer die Produktion erst 2008 einstellt, bekommt weit weniger. 2008 läuft die "Aktion" aus. Doch bisher wurde diese noch nicht angenommen.

Die Zahlungen an den Restrukturierungsfonds seien ein Grund, weshalb Rationalisierungsmaßnahmen unumgänglich seien, hieß es von der Agrana. Zudem würden die Produktionsmöglichkeiten für den Export wegfallen.

Ein Grund ist allerdings auch hausgemacht: "Die Werke wurden immer besser", sagt Karpfinger. Ende der 1980er Jahre wurden 24 Tonnen Zucker pro Tag verarbeitet. Heute sind es im Schnitt 41.