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Agrar-Kuchen ist neu zu verteilen

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

In Brüssel tagen heute die EU-Agrarminister. In den Beitrittsverhandlungen muss demnächst das Landwirtschaftskapitel eröffnet werden, damit der Fahrplan zur Erweiterung der Union eingehalten werden kann. Die amtierende spanische Ratspräsidentschaft hat sich viel vorgenommen: Die Agrarverhandlungen sollen unter der Ägide Spaniens noch in der ersten Jahreshälfte abgeschlossen werden.


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Die heiklen und kostspieligen agrarpolitischen Fragen stehen auf seiner Prioritäten-Liste ganz oben, betonte Spaniens Landwirtschaftsminister Miguel Arias Canete, als er sich vergangene Woche mit Minister Wilhelm Molterer sowie mit den anderen EU-Ressortkollegen in einer Städtetour abstimmte. Knackpunkt in den Beitrittsverhandlungen sind die Brüsseler Agrarförderungen. Die Mehrheit der EU-Länder unterstütze agrarische Direktzahlungen an die neuen Mitglieder ab dem Beitrittsdatum, meint der spanische Ratsvorsitzende. Es soll allerdings eine Übergangsfrist von bis zu zehn Jahren geben, bis die neuen Mitglieder dieselben Förderungen bekommen wie die bisherigen Mitglieder.

Eine Übergangsperiode hatte zuvor bereits Slowenien abgelehnt. "Wir brauchen keine Übergangsfristen, wir haben auch keine verlangt", alterierte sich Franc But - der slowenischer Landwirtschaftsminister und Staatssekretär für EU und Internationale Angelegenheiten in Personalunion ist. Slowenien sei fit genug, der EU ohne landwirtschaftliche Schutzfristen beizutreten. 90 Prozent der EU-Standards seien jetzt schon umgesetzt, berichtete der slowenische Landwirtschaftsminister. Auch die Preise hätten sich in den vergangenen vier Jahren an das EU-Niveau angepasst. Es gebe bereits eine Organisation ähnlich der Agrarmarkt Austria (AMA), über die die Marktordnungsprämien ausgezahlt werden.

Gerade im Agrarbereich ist für die EU aber in erster Linie das größte Kandidatenland Polen ein Sorgenkind, wo der Anteil der landwirtschaftlichen Produktion relativ hoch ist.

Die möglichen neuen EU-Mitgliedstaaten wollen freilich auf Fördermittel nicht verzichten. Doch wenn es um die Neuaufteilung geht, wollen auch die Länder, die bisher am meisten vom Förderkuchen partizipiert haben, an ihrem Anteil festhalten. Die finanzschwangeren Agrarförderungen werden zudem sicherlich von politischen Schwierigkeiten in einzelnen Mitgliedstaaten überlagert. Frankreich etwa wählt im Frühjahr ein neues Parlament. Die Bauern-Lobby ist dort traditionell sehr stark; ob der spanischen Ratspräsidentschaft bis Ende Juni ein Kompromiss in den Landwirtschaftsverhandlungen gelingen wird, bleibt daher abzuwarten.

In den kommenden sechs Monaten, also unter Spaniens EU-Vorsitz, fällt auch die so genannte "midterm review": Bei dieser Zwischenbilanz wird die Marktordnung und Landwirtschaftspolitik der EU in den vergangenen drei Jahren bewertet. Und schließlich gehe es darum, so Minister Arias Canete, "das Vertrauen der EU-Verbraucher in die Nahrungsmittel wiederzugewinnen".