Kairo. Mit ungewöhnlich scharfen Worten forderte die koptische Kirche in Ägypten Präsident Hosni Mubarak kürzlich öffentlich auf, die "zunehmenden bewaffneten Übergriffe auf Mönche" und "Beleidigungen des Kreuzes" zu verhindern. Anlass war ein Überfall am 31. Mai auf das aus dem vierten Jahrhundert stammende Abu-Fana-Kloster im oberägyptischen Ort El-Minya, das zu den ältesten weltweit gehört.
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Shenouda III. von Alexandrien, der den Kopten als "Papst" vorsteht, berichtete, dass mindestens 60 bewaffnete Männer an dem Angriff beteiligt waren. "Sie entführten drei Mönche und folterten sie. Die Brüder wurden gezwungen, ihrer Religion abzuschwören und das Kreuz zu bespucken. Als sie sich weigerten, wurden sie an Bäume gehängt und geschlagen." Laut William Tadros, Sprecher der Union Orientalischer Christen in Österreich und Menschenrechtsaktivist, wurden "Mauern, Kirchen, Mönchszellen, heilige Schriften, Landmaschinen und Felder des Klosters zerstört und angezündet."
Hinter den Anschlägen stecken Beduinen-Stämme, die das Wüstengrundstück des Klosters nicht anerkennen. Die Gewalt begann, als die Mönche vor einigen Jahren mit Genehmigung des ägyptischen Staates einen Zaun um ihr Grundstück errichten wollten.
Lage wird schlechter
Die Lage der ägyptischen Christen hat sich den letzten Jahren drastisch verschlechtert. Erst wenige Tage vor dem Vorfall erschossen maskierte Männer einen koptischen Juwelier und seine drei Mitarbeiter in Kairo, ohne dabei etwas zu erbeuten. Neu ist, dass sich erstmals die Führung der koptischen Kirche in Ägypten öffentlich an Mubarak wendet. Bisher gaben nach gewaltsamen Übergriffen prominente Kopten Seite an Seite mit dem ägyptischen Staat Erklärungen ab, in denen jeder fundamentalistische Hintergrund der Angriffe bestritten wurde. Die Täter blieben ungestraft. An der Beschönigungspolitik wurde Kritik geübt.