Expertin: Wohl kein Blockade-Stopp. | Hamas fordert Botschaft in Gaza. | Kairo. Ägypten überdenkt seine Blockade zum Gazastreifen. Das "Leid der Palästinenser soll gelindert werden", hieß es aus dem Außenministerium in Kairo. "Ägypten führt eine Überprüfung des Grenzübergangs Rafah durch, um alle nötigen Schritte zu unternehmen, ihn zweckdienlicher zu gestalten und das Leid der Einwohner von Gaza zu lindern", sagte Außenamtssprecherin Minha Bakhum am Dienstag.
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Zuvor hatte Außenminister Nabil Arabi den führenden Hamas-Funktionär und ehemaligen palästinensischen Außenminister Mahmoud Zahar empfangen.
Mehr als sechs Wochen nach dem Ende der Herrschaft von Hosni Mubarak ändert sich somit die Haltung gegenüber dem von der radikalen palästinensischen Hamas kontrollierten Gazastreifen. Zahar sagte nach der Begegnung: "Es gibt Anzeichen für einen neuen positiven Geist und für eine andere Politik Ägyptens."
Mubarak hatte eine bei der ägyptischen Bevölkerung unbeliebte pro-israelische Politik betrieben. Dazu gehörte auch die Blockade des Gazastreifens gemeinsam mit Israel. Kontakte mit der Hamas beschränkten sich auf den Sicherheitsdialog, der über den ägyptischen Geheimdienst geführt wurde.
Ein Kurswechsel würde der ägyptischen Führung nicht nur dabei helfen, bei der Bevölkerung Pluspunkte zu sammeln, sondern auch, deren Haltung direkter zu vertreten. "Keine Regierung, die repräsentativer ist als die von Mubarak, wird die gleiche Politik der Kooperation mit Israel in Bezug auf den Gazastreifen aufrechterhalten", erklärt Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Wir werden deshalb höchstwahrscheinlich eine Lockerung der Blockade von Seiten Ägyptens sehen", so die Leiterin der Forschungsgruppe Naher/Mittlerer Osten und Afrika.
Kein Wandel für Israel
"Das heißt aber nicht, dass Ägypten sich in die Pflicht nehmen lassen wird, um die Versorgung der Bevölkerung im Gazastreifen sicherzustellen. Die Ägypter sehen dies als Aufgabe der Besatzungsmacht."
Laut Asseburg wird eine Kursänderung vornehmlich symbolischer Natur sein, um eine bei der ägyptischen Bevölkerung populärere Politik zu verfolgen. Das ändere aber nichts daran, dass Ägypten auch nationale Interessen hat, die sich von den Interessen der Bevölkerung im Gazastreifen unterscheiden. Die Blockade dürfte deshalb gelockert, aber nicht aufgehoben werden.
Für Israel würde sich damit praktisch kaum etwas ändern. "Israels Regierung ist sich bewusst, dass die Blockade auch unter Mubarak nur teilweise durchgeführt wurde. Rhetorisch hat es zwar ein starkes Bekenntnis gegeben, praktisch hat man aber relativ wenig getan, um den Warenaustausch und Waffenhandel durch die Tunnel zu unterbinden", so Asseburg.
Berichte, wonach Ägypten die Eröffnung einer Botschaft im Gaza-Streifen plane, wurden von Kairo zurückgewiesen. "Die ägyptische Botschaft existiert dort, wo die palästinensische Legitimität existiert", sagte der ägyptische Botschafter bei den Palästinensergebieten in Ramallah, Yasser Othman.
Nach dem Wahlsieg der Hamas 2006 kam es in den Palästinensergebieten zu einem blutigen Machtkampf mit der bis dahin regierenden Fatah. Er endete damit, dass die Hamas die Kontrolle über den Gazastreifen übernahm und für das Westjordanland die Fatah mit Präsident Mahmud Abbas zuständig ist.
Die Hamas fordert nachdrücklich die Öffnung einer ägyptischen Botschaft in Gaza. "Wir erwarten von der ägyptischen Regierung, dass sie unserer Bitte nachkommt", sagte Mohammed Awad, der neue Außenminister der Hamas.
Ägypten teilt eine 14 Kilometer lange Grenze mit dem Gazastreifen.