Militärrat entschuldigt sich für Todesopfer bei Ausschreitungen.
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Kairo. General Mamdouh Shaheen bediente sich der Sprache des Militärs, als er am Donnerstag an die Öffentlichkeit ging: Die Parlamentswahlen würden wie geplant stattfinden, doch der regierende Militärrat werde nicht abtreten. Ein derartiger Schritt ohne vorheriges Referendum wäre "Verrat", so der altgediente Offizier. Zuletzt waren Gerüchte aufgetaucht, der Militärrat könnte den für Montag geplanten Startschuss für die Parlamentswahl verschieben. Immerhin wird Kairo seit Tagen von Demonstrationen erschüttert, tausende Menschen verlangen den sofortigen Rücktritt des Militärrats.
Dass der Wahltermin eingehalten wird, bestätigt auch der Chef der Wahlkommission, Abdel Moez Ibrahim. "Das Votum wird durchgezogen", so der Richter. Ägypter im Ausland haben bereits mit der Abgabe ihrer Stimmen begonnen. Doch die Parlamentswahlen, so scheint es, sind für die meisten Demonstranten nur noch zweitrangig. Viele kündigen an, nicht an dem Votum teilnehmen zu wollen. Die Sorge geht um, dass der Militärrat auch nach den Wahlen nicht von der Macht lässt - worauf es viele Hinweise gibt.
Ex-Premier Ganzouri bildet neue Übergangsregierung
Medienberichten zufolge soll Kamal Ganzouri vom Militärrat mit der Bildung einer neuen Übergangsregierung beauftragt worden sein. Er war bereits von 1996 bis 1999 unter dem damaligen Staatschef Hosni Mubarak Ministerpräsident.
Die Generäle sind unterdessen mit Erfolg bemüht, die Gewalt der letzten Tage nicht weiter eskalieren zu lassen. Am Donnerstag entschuldigte sich die Armee für die tödliche Gewalt der Polizei. Es sei sehr bedauerlich, dass bei den Protesten rund um den Tahrir-Platz in Kairo Menschen getötet worden seien, hieß es. Der Militärrat werde alle Maßnahmen ergreifen, dass es nicht zu einem weiteren Blutvergießen komme. Bei den jüngsten Ausschreitungen wurden 35 Menschen getötet und 1400 verletzt.
Die versöhnlichen Töne kommen offensichtlich an: In der Nacht auf Donnerstag hörten die Zusammenstöße zwischen Polizei und jugendlichen Demonstranten auf. Zuvor hatte man sich geeinigt, dass die Proteste auf den Tahrir-Platz beschränkt bleiben.
Jetzt steht den Ägyptern ein Wahlmarathon bevor. 40 Millionen Wahlberechtigte stimmen über 498 Abgeordnete des Unterhauses ab. Dieser erste Urnengang beginnt am Montag, den 28. November. Das Endergebnis wird für den 13. Jänner erwartet. Erst danach werden zwischen 29. Jänner und 11. März die Mandate für die zweite Kammer vergeben. Da Ägypten noch keine neue Verfassung hat, ist unklar, für welche Zeiträume die Abgeordneten gewählt werden. Nach geltendem Recht dauert eine Legislaturperiode fünf Jahre.
Erstmals treten die jahrzehntelang verbotenen Muslimbrüder als politische Partei zu einer Wahl an. Sie dürften laut Prognosen die meisten Stimmen bekommen. Der Wahl stellt sich auch die im Oktober gegründete Partei "Die Revolution geht weiter", die aus mehreren marxistischen Gruppen besteht.