Das Land am Nil wählt im März einen neuen Präsidenten. Das Ergebnis steht bereits fest - der alte wird der neue sein. | General al-Sisi lässt alle Kandidaten, die auch nur den Hauch einer Chance hätten, aus dem Rennen nehmen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Kairo. (ce) Ägyptens Präsidentschaftswahlen Ende März haben einen zunehmend autoritären Charakter angenommen. Präsident Abdel Fattah al-Sisi präsentiere den Wählern eher ein Referendum über seine Regierung als eine Wahl zwischen mehreren Kandidaten, meinen Experten. Das sei gar nicht nötig gewesen, denn al-Sisi sei bei vielen seiner Bürger weiterhin beliebt.
"Er wird als der Militär gesehen, der 2013 Ägypten vor der Moslem-Bruderschaft gerettet hat", sagt Amr El Shobki, Politikwissenschafter bei der Denkfabrik "Arab Forum for Alternatives". "Das Fehlen von Wahlmöglichkeiten ist ein Nachteil für die al-Sisi-Unterstützer. Denn die haben den Sieg ohnehin in der Tasche."
Erst vor wenigen Tagen hat der linke Anwalt Khaled Ali aufgegeben und seinen Wahlkampf beendet. Die Regierung habe seine Wahlkampfhelfer eingeschüchtert, sagt er. "Khaled Ali musste seinen Rückzug erklären", empört sich Hamada El Semelawey. Der 27-jährige Absolvent der Kairoer Universität ist Khaled-Anhänger. "Es ist vorbei, al-Sisi hätte uns vernichtet."
Andere Kandidaten beendeten den Wahlkampf von sich aus. Der ehemalige Abgeordnete Anwar Sadat, ein Neffe des gleichnamigen früheren Präsidenten, zog seine Kandidatur zurück. Manche werden gezwungen, wie der Ex-Premier und Luftwaffengeneral Ahmed Shafiq. Er wurde von Sicherheitsdiensten in einem Hotel festgenommen. Inzwischen wurde er freigelassen. Die Behörden haben auch den ehemaligen Armee-Stabschef Sami Anan festgenommen. Der Vorwurf: Seine Wahlkampagne verstoße gegen Militärrecht. Er habe es versäumt, seinen Vorgesetzten um Erlaubnis für die Kandidatur zu bitten.
Anan hatte mit einer Rede am 13. Jänner den Zorn der Militärführung auf sich gezogen. Der 69-jährige Generalleutnant hatte die Sozial- und Wirtschaftspolitik des Präsidenten kritisiert und ihm mangelndes Mitgefühl für die ägyptischen Durchschnittsbürger vorgeworfen.
In der Tat hat die Regierung harte Wirtschaftsreformen durchgezogen, die das Volk belasten, etwa durch Kürzen oder Streichen von Subventionen für Nahrungsmittel und Treibstoffe. Die Reformen waren Voraussetzung für einen Milliarden-Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Noch bevor al-Sisi Mitte Jänner seine Kandidatur offiziell bekanntgab, hatte eine Mobilisierungswelle zu seiner Unterstützung begonnen. Er hat die Unterstützung von 464 der 596 Mitglieder des ägyptischen Parlaments. Und die Pro-al-Sisi-Kampagne erklärte, dass 13 Millionen ägyptische Bürger ihre Petition unterschrieben hätten. Al-Sisi verspricht, viel für die Bevölkerung tun zu wollen, und hat ein gewaltiges Infrastrukturprogramm aufgelegt. Der IWF schätzt das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr auf 4,8 Prozent.
Demokratische Aktivisten wie Sadat bleiben bei ihrer Kritik an al-Sisi: "So, wie die Regeln sind, kann er gewinnen, auch wenn nur fünf Prozent der Wähler kommen. Das Militär hat jetzt die volle Kontrolle über die Wirtschaft und die Gesellschaft, und sie leiten jetzt die ganze Show."