Der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad hat Europa im Streit über das Atomprogramm seines Landes Doppelmoral vorgeworfen. Mehrere ausländische Staaten pflegten wirtschaftliche Beziehungen zu Teheran, verfolgten aber gleichzeitig eine "feindliche Politik gegen den Iran und erkennen unsere Rechte nicht an", sagte Ahmadinejad am Sonntag vor dem iranischen Parlament.
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Damit spielte er auf die westliche Forderung nach einem Stopp der Uran-Aufbereitung im Iran an. Laut Atomwaffensperrvertrag ist der Iran dazu berechtigt.
Obwohl Ahmadinejad nur allgemein von ausländischen Staaten sprach, waren offenbar die europäischen Verhandlungspartner im Atomstreit gemeint - Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Die USA fordern zwar ebenfalls eine Einstellung der Uranaufarbeitung, unterhalten aber keine Handelsbeziehungen zum Iran.
Teheran dementierte zudem Berichte, wonach der Iran Tausende Zentrifugen für die Herstellung waffenfähigen Plutoniums habe herstellen lassen. Dies hatte der Nationale Rat für Widerstand im Iran, eine Dissidentengruppe, verbreitet. "Das sind Behauptungen von Heuchlern, die die politische Stimmung verändern wollen", sagte Außenamtssprecher Hamid Reza Asefi am Samstag. "Sie führen die Europäer mit falschen Informationen in die Irre."
Vom Nationalen Rat für Widerstand kamen vor drei Jahren die Hinweise, die zur Aufdeckung des bis dahin geheim gehaltenen iranischen Atomprogramms führten. Der bewaffnete Arm des Rates wird von der EU und den USA als terroristische Organisation eingestuft.
Ein westlicher Diplomat bestätigte unterdessen, dass in iranischen Zentrifugen entdeckte Spuren von hoch angereichertem Uran aus dem Ausland stammen. Untersuchungen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO bzw. IAEA) hätten den Iran von dem Verdacht entlastet, das hochangereicherte Uran selbst produziert zu haben, sagte der Informant am Samstag in Wien. Die Uranspuren seien offenbar zusammen mit den Zentrifugen importiert worden, vermutlich aus Pakistan.
Ahmadinejad verteidigte am Sonntag seine Kabinettskandidaten gegen Kritik von Abgeordneten. Die Parlamentarier sollen bis Montag über jeden der 21 Kandidaten abstimmen. Umstritten ist unter anderem die Ernennung des bisherigen Teheraner Bürgermeisters Ali Saidlu zum neuen Öl-Minister. "Er hat einen Universitätsabschluss in Geologie und kennt sich mit der Erschließung neuer Ölquellen aus", rechtfertigte Ahmadinejad dessen Nominierung. Mehrere Abgeordnete hatten bemängelt, Saidlu fehle die Erfahrung, um die Geschäfte des weltweit viertgrößten Öl-Produzenten zu führen.