Irans umstrittener Hardliner-Präsident wird für weitere vier Jahre unter dem Kommando des obersten geistlichen Führers Ali Khamenei das Zepter schwingen. Grund zum Feiern hat Mahmoud Ahmadinejad jedoch nicht. Innenpolitisch bereiten die von Wahlbetrug sprechende protestierende Bevölkerung auf der Straße, ein Wirtschaftskollaps und die daraus resultierende Massenarbeitslosigkeit von 30 Prozent sowie die harte Kritik seiner Gegner Kopfzerbrechen. Darunter sind auch immer mehr konservative Geistliche und Politiker.
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Außenpolitisch steht der Gottesstaat unter Zugzwang: Der Atomstreit, das schwierige Verhältnis zur EU und zu den USA sowie die zunehmende Isolation Teherans, die durch den niedrigen Ölpreis verstärkt wird, werden noch vor Amtsbeginn zur Achillesferse der zehnten Regierung der islamischen Republik.
Da nützt es Ahmadinejad auch nichts, dass Washington ihn trotz erheblicher Vorbehalte als gewählten Präsidenten akzeptieren will. Eine sehr trockene Form der Anerkennung, denn Glückwünsche gab es keine; weder aus den USA noch aus Europa. Die Tür zu Verhandlungen im seit Jahren andauernden Atomstreit will man aber nicht ganz zufallen lassen. Es steht ja die Stabilität der ganzen Region auf dem Spiel. Und so schickte die EU den schwedischen Botschafter als Vertreter der EU-Ratspräsidentschaft zur Vereidigungszeremonie. Die meisten EU-Mitglieder entsandten hingegen lediglich ihren stellvertretenden Botschafter und wollten so ein Zeichen setzen: "Wir wollen mit euch weiterverhandeln und im Atomstreit eine Lösung finden, aber nehmt zur Kenntnis, dass wir die Geschehnisse nach der Wahl und insbesondere die Menschenrechtsverletzungen keinesfalls billigen."
Fast trotzig klang da die Replik des Präsidenten, als er mit erhobener Stimme meinte, dass niemand im Iran auf irgendwelche Glückwünsche aus dem Westen warten würde. Sogar einen härteren internationalen Kurs im Interesse Irans hat er angekündigt. Aber mit Hasstiraden hielt sich Ahmadinejad diesmal im Gegensatz zu 2005 zurück, denn auch Teheran möchte die dringend notwendigen europäischen Wirtschaftspartner nicht unnötig vergraulen.
Das Robin-Hood-Image war einmal
Zwei Wochen hat der umstrittene Staatschef nun Zeit, sein neues Kabinett vorzustellen. Doch qualifizierte Politiker, die mit Ahmadinejad können und ministrabel wären, sind Mangelware. So darf mit Spannung erwartet werden, wer die beiden Schlüsselressorts übernimmt, die mit dem freiwilligen Ausscheiden von Außenminister Manouchehr Mottaki und Ölminister Gholamhossein Nozari frei wurden.
Eines ist gewiss: Den Bonus als "Held der Armen", als "Robin Hood des Iran" hat Ahmadinejad verspielt. Sein Versprechen von 2005, die Armut einzudämmen und die Wirtschaftslage zu verbessern, konnte er nicht realisieren. Im Gegenteil: Der Iran ist seit 1979 wirtschaftlich noch nie so unter Druck gestanden wie heute. Wenn sich diese prekäre Lage nicht rasch ändert, wird Ahmadinejad selbst in den eigenen Reihen den Rückhalt verlieren.
"Die allerletzte Chance eines Gescheiterten"
Ein Abgeordneter in Teheran bringt es auf den Punkt: "Ahmadinejad ist wie ein gescheiterter Läufer, der von seinem Team die allerletzte Chance bekommt, einen Sieg einzufahren." Er sehe "geknickt und gealtert" aus. Er sei körperlich angeschlagen und habe in den vergangenen Jahren mehrere Schwächeanfälle gehabt. "Ob er das Rennen um die Wiederherstellung der Normalität im Iran schafft, wird sich bald zeigen, darf aber bezweifelt werden."