Air Berlin wird abgewickelt, Ryanair streicht tausende Flüge, Leidtragende sind letztlich die Passagiere. Was ist los am Himmel?
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Berlin/Schwechat. Abgesagte Flüge, um ihre Jobs zitternde Crews und am Donnerstag auch noch weltweite Computer-Probleme: Am Luftverkehrshimmel geht es derzeit drunter und drüber. Der mit vielen Öl-Milliarden aus Abu Dhabi herausgezögerte Kollaps der Etihad-Beteiligungen Air Berlin und Alitalia wirbelt die Branche durcheinander, bietet den Beteiligten Chancen und Risiken gleichzeitig.
Die Passagiere müssen sich hingegen auf unruhige Zeiten einstellen. Allein die Pleite der Air Berlin (inklusive der österreichischen Niki, Anm.) hat mit all ihren Begleiterscheinungen die Kunden nachhaltig verunsichert. Ein zunächst unzuverlässiger Betrieb, dann rätselhafte Massenerkrankungen der Piloten und schließlich die Aufgabe der Fernstrecken sind Vorboten des lange angekündigten Todes der deutschen Nummer zwei. Bis zum 12. Oktober will das Eigenverwaltungsmanagement nur mit Lufthansa und Easyjet über die Zerschlagung des Unternehmens sprechen. Jeder fünfte der mehr als 8000 Jobs steht dabei auf der Kippe. Noch ist keineswegs ausgemacht, dass die Lufthansa das ganz große Kuchenstück der Air Berlin erhält, für das sie geboten hat. Die Kartellbehörden müssen darauf achten, dass der Wettbewerb nicht zu stark eingeschränkt wird.
Der schärfste Konkurrent der Lufthansa, Ryanair, schwächelt derzeit merklich. Der Passagier-Europameister hat seinen Wachstumskurs offenbar überrissen und streicht in den kommenden Monaten mehr als 20.000 Flüge. Die Flotte für den Winterflugplan wird um 25 auf 375 Maschinen geschrumpft, und auch im kommenden Sommer werden zehn Ryanair-Boeings weniger als geplant abheben. Mehr als 700.000 Passagiere sind betroffen und haben Anrecht auf Entschädigungen.
Als Grund für die Flugabsagen nennt Ryanair-Chef Michael O’Leary hartnäckig die verfehlte Urlaubsplanung bei den Piloten, die nun bis Ende März alte Ansprüche abbauen und möglichst viel neuen Urlaub nehmen sollen. An der Börse mehren sich aber Zweifel an dieser Version, wie beispielsweise der Analyst Neil Wilson der Londoner Gesellschaft Etx Capital schreibt. Er warnt vor steigenden Crew-Kosten, stärkerem gewerkschaftlichen Einfluss und höherem Aufwand bei direkt angestellten Cockpit-Kräften. Nicht nur die Passagiere seien bei Ryanair in Turbulenzen, sondern auch die Investoren. Das Unternehmen hält dennoch an seinen aktuellen Gewinnprognosen fest, hat aber die Wachstumspläne eingebremst.
Imageschaden für Ryanair
Die Iren müssen einen erheblichen Imageschaden einstecken und haben sich ganz nebenbei aus den Bieterrennen um die Etihad-Beteiligungen Air Berlin und Alitalia zurückgezogen. Bei der Neuverteilung großer Teilmärkte in Europa bleibt Ryanair damit nur Zaungast. Dauer-Konkurrent Easyjet geht einen anderen Weg, kommt wohl bei Air Berlin zum Zug und hat auch in Italien gute Chancen auf einen zusätzlichen Marktzugang. Den benötigen die Briten aber wegen drohender Schwierigkeiten beim britischen EU-Austritt dringend.
Wenn alles klappt, gehört Eurowings zu den Gewinnern des ganzen Wirbels. Im kommenden Sommer will Geschäftsführer Michael Knitter rund 200 Flugzeuge in der Flotte haben, nahezu eine Verdoppelung der heutigen Zahl - fast alle mit deutlich kostengünstigeren Crews als bei der Mutter Lufthansa besetzt. In Sachen Billigableger fliegt der Kranich-Konzern seinen ewigen Konkurrenten Air France und British Airways voraus, die gleichwohl auf Lang- und Mittelstrecke nachziehen. Den Billigfliegern sind vorerst die Flügel gestutzt, doch abschreiben sollte man sie noch längst nicht. "Ryanair wird wahrscheinlich der billigste und schlankste Anbieter bleiben", ist Analyst Wilson überzeugt.