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Bei der Arbeiterkammer laufen die Telefone heiß. Täglich melden sich empörte Pensionisten, weil ihre Pensionsbescheide schon heuer Verluste bis zu 10 Prozent ausweisen. Von der | Regierung war in Prospekten eine maximale Kürzung von 5 Prozent versprochen worden. Die Arbeiterkammer präsentierte gestern fünf dieser Fälle und will zum Verfassungsgerichtshof gehen. Die FPÖ spricht von einer "Lügenkampagne", das Sozialministerium hat nun eine Hotline eingerichtet.
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Schlimm erwischt es Personen, die lange gearbeitet haben und dieses Jahr in Frühpension gehen müssen. Wie zum Beispiel Rudolf V., der seit seinem 15. Lebensjahr als Maler und Anstreicher "hackelte". Durch einen Arbeitsunfall verlor er den Job. Er fand zwar eine neue Stelle, war aber immer wieder arbeitslos. "Die Invaliditätspension wurde mir verwehrt", berichtet der Betroffene.
92 Euro weniger Pension
Nach der Arbeitslosigkeit konnte er mit 61 Jahren und 43,67 Versicherungsjahren in den wohlverdienten Ruhestand. Doch mit dem Pensionsbescheid gab es ein böses Erwachen. Denn anstatt der erwarteten 920 Euro erhält Herr V. jetzt nur 828 Euro brutto. Das sind um 92 Euro, also genau 10 Prozent, weniger als erwartet. Pro Jahr muss der ehemalige Arbeiter mit 1.288 Euro weniger auskommen. Das Telefon habe er, so V., aus Kostengründen schon abgemeldet. Eine weitere Einbuße muss er durch die verzögerte Pensionsanpassung hinnehmen. Die Inflation von rund 1,2 Prozent wird Neupensionen über 670 Euro im Jahr 2005 nicht abgegolten.
Damit summiert sich der Pensionsverlust auf mehr als 11 Prozent, rechnet Christoph Klein, Leiter des Sozialbereiches in der AK vor. "Die sofortige Kürzung der Pension um mehr als 10 Prozent ist eine schwere Belastung, die wir für verfassungswidrig halten." Die AK werde deshalb jene unterstützen, die den Weg zum Verfassungsgericht beschreiten. Klein fordert die Rücknahme dieser überfallsartigen Verschlechterungen.
Einen Jahresverlust könnte sich Herr V. aus dem Härtefonds holen. Doch das lehnt er ab. "Ich will nicht zum Sozialamt betteln gehen. Immerhin habe ich lange genug gearbeitet."
Ein weiterer Härtefall ist Heinz M. Er bekommt nach fast 47 Versicherungjahren um 230 Euro weniger als erwartet, da er mit 59 arbeitslos wurde und deshalb wegen fehlender Beitragsmonate die Hacklerregelung nicht in Anspruch nehmen konnte. Seine Pension, die er im Februar antritt, wurde von 2.299 auf 2.069 Euro reduziert.
Die AK-Experten rechnen damit, dass allein dieses Jahr mehr als 7.000 Personen von der vollen Kürzung um 10 Prozent betroffen sind. Ab 2008 würden sogar nahezu alle Pensionisten ein Zehntel verlieren, prognostiziert Klein.
Die FPÖ reagiert extrem scharf und emotional auf die Angaben der AK. Generalsekretärin Magda Bleckmann spricht von einer "Lügenkampagne", FP-Vize Max Walch von "Wahlkampf". Das Sozialministerium will ab heute eine Telefonhotline zur Pensionsreform einrichten. Unter der Telefonnummer 0800/240262 werden von 8.00 bis 16.00 Uhr Beamte Fragen zur Pensionsreform, zum Härtefonds und zu den Abschlagszahlungen beantworten. Walch versucht Stimmung zu machen, indem er die Arbeitnehmer aufruft sich nicht an die AK, sondern nur an "offizielle Stellen zu wenden".
Die AK lässt den Vorwurf zu lügen nicht auf sich sitzen. Klein kontert: "Dass Arbeitnehmer in Frühpension seit Februar 10 Prozent verlieren ist wahr." Dies belegten die Pensionsbescheide.