Die Regierung will nicht nur die Pensionsreform durchbringen, sondern im selben Atemzug auch das Pensionskassengesetz ändern. Kritik erntet sie hierbei von der Arbeiterkammer (AK). Denn diese Änderung brächte den Pensionskassen eine Erleichterung von 350 Mill. Euro, den 360.000 Versicherten aber deutliche Verluste. AK-Direktor Werner Muhm: "Die Regierung schützt mit dieser Anlassgesetzgebung die Kassen und schädigt die Versicherten."
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Es geht um die Aufweichung der garantierten Mindestverzinsung. Mittlerweile liegt schon der zweite Entwurf vor. Doch noch immer sieht die Arbeitnehmervertretung drastische Kürzungen der betrieblichen Pensionen auf die Betroffenen zukommen. So würden nicht nur 320.000 Versicherte, sondern auch die 40.000 Pensionsbezieher zu Verlierern, da sich die Kassen durch die Neuberechnung im Vergleich zur bisherigen Regelung Geld sparen könnten.
Das Sparbuch ist sicherer
Muhm bezeichnet es als "ungeheuer", dass die Regierung die gesetzlichen Pensionen dramatisch kürzt und gleichzeitig jenen, die mit der zweiten Säule vorsorgen, die Sicherheit nimmt, dass ihr Geld ordentlich verzinst wird. Die AK warnt: Sollte der Entwurf so durchgehen, bringt es bei der derzeitigen Lage der Börsen mehr, das Geld auf ein Sparbuch zu legen als es in eine Pensionskasse zu zahlen. Der Leiter der AK-Abteilung Steuerpolitik, Otto Farny, erläutert die Hintergründe: Die Pensionskassen sind in der Krise. Sie hätten in den Jahren der Börse-Hausse unrealistische Zinszusagen gemacht. Zehn Jahre ging es gut. Die Pensionskassen hatten viel Geld in deutschen Aktien veranlagt. Im Jahr 2000 begann die Talfahrt an den Börsen. Der DAX (Deutsche Aktien Index) sank seither um 50 Prozent. 2001 wurden somit die Reserven der Kassen angeknabbert und 2002 gänzlich verbraucht.
Daraus folgt, dass die Kassen - da sie eine Mindestverzinsung von 1,5 Prozent pro Jahr garantiert haben - Geld zuschiessen müssten, um die Fehlbeträge aufzubessern. "Jetzt wären die ersten Monate, wo die Mindestverzinsung in Kraft tritt. Doch bei der ersten Bewährungsprobe haben sie aufgeschrien und gemeint, das wollen wir nicht," beanstandet Farny. Und die Regierung kommt dem Schrei nach und ändert das Gesetz, wonach die Garantie abgeschafft wird - und das auch noch rückwirkend ab 1.1.2003. Farny nennt es eine Pikanterie: "Das wäre dasselbe, wenn plötzlich die Zinsen vom Sparbuch weggenommen werden, mit dem Argument, die Bank bricht sonst zusammen." Das sei ein Vertrauensbruch mit Vorbildwirkung, da solche Änderungen auch der Zukunftsvorsorge und Abfertigung-neu drohen. Sollte das Gesetz beschlossen werden, will die AK dieses beim Verfassungsgerichtshof bekämpfen. Es sei schlimm genug, dass manche Pensionisten schon jetzt ein Minus von bis zu 20 Prozent verkraften mussten.
Die ÖIAG-Dividende
Die Novelle ist pikanterweise auch im Interesse des Finanzministers, so Farny. Denn die ÖIAG-Unternehmen sind Miteigentümer der APK-Pensionskasse. Die ÖIAG ist damit in der Doppelmühle gefangen, erklärt der Experte: "Aufgrund der Zinsgarantie und sofern Pensionsleistungen versprochen wurden, muss es zu einem beträchtlichen Nachschuss kommen." Andererseits sollten die Eigentümer der APK unter die Arme greifen, damit sie nicht in Konkurs geht. Beides würde die von Finanzminister Grasser geforderte ÖIAG-Sonderdividende von 300 Mill. Euro gefährden.