Strahlend blauer Himmel erwartete die Regierung gestern zum Auftakt ihrer zweitägigen Klausur im malerischen Weinort Retz in Niederösterreich. An pittoresken Motiven für die zahlreich mitgereisten Journalisten herrschte da kein Mangel. Inhaltlich präsentierte Justizministerin Karin Miklautsch ihre Ideen zur Bekämpfung des gewerblichen Sozialbetrugs.
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"Zwischen 800 Mio. und 1. Mrd. Euro" ¨- auf diese beachtliche Summe beziffert Miklautsch den Schaden, den die öffentliche Hand durch gewerblichen Sozialbetrug und -missbrauch allein im Bereich des größten Sorgenkindes, der Baubranche, erleidet. Neun von zehn eingetragenen Firmen bestehen hier nur ein Jahr nach ihrer Gründung nicht mehr. Der Verdacht, dass hier im großen Stil Missbrauch getrieben wird, liegt wohl mehr als nahe. Häufigstes Delikt: Die Nichtbezahlung von Sozialabgaben. Ins Visier genommen hat das Justizministerium aber auch den illegalen Zigarettenhandel.
Geht es nach den Vorstellungen der Ministerin, sollen drei neue Straftatbestände eingeführt werden. Änderungen werden vor allem die Regelungen bei Firmeneintragungen und beim Konkursantrag betreffen. So soll etwa künftig der Konkursantrag per Edikt zugestellt werden können, und sollte eine Firma über keine gültige Zustelladresse mehr verfügen, so soll auch dies im Firmenbuch vermerkt werden. So sollen potenzielle Kunden und Gläubiger rechtzeitig gewarnt werden können. Überdenken will Miklautsch aber auch den derzeitigen Strafrahmen beim gewerblichen Sozialbetrug: Ihr erscheinen die derzeitigen zehn Jahre zu hoch.
Aufatmen können übrigens alle "Nachbarschaftshelfer" und "Häuslbauer": Sie sollen laut Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein von der "Aktion scharf" gegen die Schwarzarbeit nicht betroffen sein. Dennoch: Mit der landläufigen Einordnung der Schwarzarbeit als "Kavaliersdelikt" soll es künftig vorbei sein.