"Das faktische Pensionsantrittsalter muss angehoben werden."
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Wien. Nahezu ein Drittel der Bevölkerung wird 2050 über 65 Jahre alt sein - derzeit sind es 15 Prozent. Gleichzeitig werden laut Statistik Austria nicht so wie heute 1,4 Millionen der Erwerbstätigen über 45 Jahre alt sein, sondern um 300.000 mehr.
Darüber, dass aktives Altern als Chance genutzt werden sollte, waren sich die Teilnehmer der Parlamentarischen Enquete des Bundesrates am internationalen Tag der älteren Menschen am Dienstag einig. Auf die Frage, wie an die damit verbundenen, politischen Herausforderungen herangegangen werden sollte, gab es allerdings unterschiedliche Lösungsansätze.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sprachen sich zwar beide für eine Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters aus (derzeit 58,4 Jahre). Hundstorfer sieht aber vor allem die Verringerung der Invaliditätspensionen als eine der wichtigsten Aufgaben für die Zukunft. Dass die Österreicher im vergangenen Jahr erstmals um fünf Wochen später in Pension gegangen sind, sei eine echte Trendwende, die den Bundeszuschuss um 125 Millionen Euro verringert habe.
Mitterlehner plädierte für eine Abflachung der Gehaltskurve, um das faktische Pensionsantrittsalter anzuheben. Als Familienminister wünsche er sich, dass künftig vier Jahre Kindererziehungszeiten voll für die Pension angerechnet werden.
Hundstorfer schlug indes eine Beschäftigungsgarantie für Ältere sowie die Einführung eines Bonus-Malus-Systems vor: Betriebe, die Personen über 50 Jahre einstellen, erhalten einen Bonus - jene, die zu wenige Mitarbeiter über 55 beschäftigen, sollen einen Malus zahlen. Auch Grüne, Gewerkschaft und Arbeiterkammer unterstrichen am Dienstag noch einmal ihre Forderung nach einem solchen System.
Wohnen zuhause soll für Senioren möglich sein
Angesichts der ebenfalls am Dienstag veröffentlichten Arbeitslosenzahlen für September muss laut Hundstorfer jedenfalls "alles getan werden, damit Ältere länger in Beschäftigung bleiben". Den größten Zuwachs bei den Arbeitslosen gibt es nämlich bei Älteren. Deren Anteil ist um 24,9 Prozent gegenüber September 2012 gestiegen (Seite 12).
Beim Thema Pflege geht es Hundstorfer vor allem darum, dass die Menschen möglichst lange selbstbestimmt und selbständig leben können, wie er betonte. Mitterlehner ging konkret auf das seniorengerechte Wohnen zuhause ein, das zunehmend möglich gemacht werden solle - etwa durch Sanierungsschecks für Hausadaptierungen. Auch darauf, dass sich der Pflege-Personalbedarf in den vergangenen Jahren verdoppelt habe, müsse man reagieren, indem der Pflegeberuf einen höheren Stellenwert erlange.
Damit jene, die von den Änderungen betroffen sind, auch mitbestimmen können, forderte Bundesratspräsident und SPÖ-Fraktionsvorsitzender Reinhard Todt die Einbeziehung des Seniorenrates in alle Maßnahmen, die die ältere Generation betreffen. Zudem forderte er, das Stimmrecht der Beiräte in den Sozialversicherungen gesetzlich zu verankern.
"Um den gesellschaftspolitischen Herausforderungen begegnen zu können, hat der Seniorenrat mehrere Forderungen formuliert", präzisierte Seniorenrat-Präsident Karl Blecha. Zu diesen zählen die Verankerung des Diskriminierungsverbotes aufgrund des Alters in der Verfassung, das Grundrecht auf Alterssicherung sowie eine Förderung der Mobilität der Senioren. Wie die Herausforderungen bewältigt werden, hängt laut Blecha von dem Stellenwert ab, den die ältere Generation in der Gesellschaft innehat. Jeder solle sich über die Potenziale des Alters bewusst sein - und darüber, dass er einmal selbst Betroffener sein wird.