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Aktivisten im Präsidentenamt

Von Klaus Huhold

Politik

Die bisherigen tschechischen Präsidenten Havel, Klaus und Zeman haben ein lebendiges Erbe hinterlassen.


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Aus seiner Amtsauffassung hat der tschechische Präsident Milos Zeman nie ein Geheimnis gemacht. "Wozu braucht man einen Präsidenten, der keine eigene Meinung hat?", sagte der 78-Jährige einmal in einem Interview.

Entsprechend hat er auch während seiner Präsidentschaft gehandelt. Er attestierte dem Sozialdemokraten Bohuslav Sobotka, als dieser Premier war, "das Charisma eines Gurkenglases". Tschechische Journalisten, mit denen er in gegenseitiger Abneigung verbunden ist, sind laut Zeman "an Komplexen leidende Nobodys". Und es war ihm auch immer egal, wenn er mit öffentlichen Äußerungen gegen die eigene Regierung grätschte. So war Zeman vor seiner Kehrtwende infolge des Ukrainekriegs für seine prorussische Haltung berüchtigt.

Minister nicht ernannt

Nun neigt sich die Präsidentschaft Zemans nach zwei fünfjährigen Amtszeiten dem Ende zu. Bei der Stichwahl, die am Freitag begonnen hat und am Samstag zu Ende geht, bestimmen die Tschechen, ob der Oppositionsführer Andrej Babis oder der Ex-Generalstabschef der tschechischen Armee, Petr Pavel, Zeman folgen wird. Der abtretende Präsident hinterlässt als Erbe jedenfalls seinen offensiven Zugang zu dem Amt. Denn er nutzte auch die Befugnisse, die ihm die Verfassung gibt, aus, so weit er nur konnte. Und so war er nicht ein neutraler über den Parteien stehender Moderator, sondern vielmehr Teilnehmer an der Tagespolitik.

Ex-Generalstabschef Petr Pavel und Ex-Premier Andrej Babis kämpften um den Einzug in die Prager Burg.
© Reuters / David Cerny

So ernennt und entlässt der tschechische Präsident den Ministerpräsidenten und - auf dessen Vorschlag - die Minister sowie die Spitzen des Verfassungsgerichts und der Nationalbank. Darüber hinaus ist er an keinerlei Fristen gebunden, wann er eine Regirrung angelobt.

Mit dieser Macht in den Händen verweigerte Zeman, der ständig gegen die EU-Flüchtlingsquoten wetterte, 2018 die Angelobung des Europaabgeordneten Miroslav Poche, den die Sozialdemokraten damals als Außenminister nominiert hatten. Zeman begründete diesen Schritt mit "Poches zu entgegenkommender Haltung zur Einwanderung". Der Präsident gewann diesen Machtkampf und verhinderte Poche als Minister.

Premier wurde damals Andrej Babis. Und dieser bekam große Unterstützung von Zeman. Die von Babis gegründete Partei ANO hatte die Parlamentswahl zwar gewonnen, fand aber, weil Gerichtsverfahren gegen Babis anhängig waren, keinen Koalitionspartner. Zeman betraute ihn aber trotzdem bereits mit dem Premiersamt, als Babis noch keine Mehrheit hatte. Darüber hinaus gab Zeman dem Milliardär alle Zeit, die er brauchte, um eine Regierung zu bilden. Nach einer verlorenen Vertrauensabstimmung und acht Monate langen Verhandlungen konnte Babis schließlich eine Regierung formen und blieb bis 2021 Premier.

Nahe an der Obstruktion

Eine ähnliche Amtsauffassung wie Zeman hatte auch dessen Vorgänger Vaclav Klaus. Auch der neoliberale Thatcherist, der im Laufe der Zeit immer nationaler wurde, verkündete seinen Landsleuten regelmäßig seine Meinung. Klaus - der noch von den Abgeordneten und Senatoren gewählt wurde, während Zeman nach einer Änderung des Wahlrechts als erster Präsident direkt von den Bürgern bestimmt wurde - wurde dabei der größte EU-Kritiker seines Landes. Den Euro wollte er am liebsten höchstpersönlich "liquidieren", und er verweigerte seine Unterschrift unter die Lissabonner Verträge so lange, bis ihn das Verfassungsgericht zurückpfiff, das sein Verhalten als nahe der Obstruktion bezeichnete. Auch sonst machte Klaus gerne von seinem Recht Gebrauch, der Regierung Gesetze ohne Unterschrift zurückzuschmeißen.

Auch der erste Präsident der Tschechischen Republik, Vaclav Havel, wollte die Politik mitgestalten - allerdings auf ganz andere Art und Weise als Zeman und Klaus. "Er war davon überzeugt, dass Politik moralischen Grundsätzen folgen müsse", sagte Havels einstiger Berater Jiri Pehe einmal in einem Interview mit der "Wiener Zeitung".

So interpretierte der Schriftsteller, der im Kommunismus als Dissident im Gefängnis gewesen war, auch seine Rolle als Präsident. Havel machte auf Fehlentwicklungen während des Transformationsprozesses aufmerksam, versuchte in seinen Reden, die junge Demokratie und auch das Bewusstsein seiner Landsleute für diese Staatsform zu stärken.

Unterschiedlicher Stil

Mit Havel, Klaus und Zeman haben drei sehr aktive tschechische Präsidenten das Amt geprägt - wobei man Klaus und Zeman auch schon als aktivistisch bezeichnen kann. Inwieweit sich dieses Erbe fortsetzt, wird wohl darauf ankommen, wer die Wahl gewinnt.

Der Quereinsteiger Pavel, der als Favorit in die Wahl ging, hat angekündigt, dass er einen anderen Stil in die Politik bringen möchte. Anstatt Gegner zu schmähen, möchte er sich konstruktiv an Diskussionen beteiligen und mit einem kühlen Kopf Lösungen suchen.

Babis wiederum ist kein unbeschriebenes Blatt in der tschechischen Politik und pflegt oft einen aggressiven Stil. Ob als neuer Präsident oder weiterhin als Oppositionsführer - Babis wird wohl ein konfrontativer Politiker bleiben, wie es auch der nun abtretende Zeman immer war.