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"Aktuelle Entwicklungen werden uns nicht aus der Bahn werfen"

Von Stefan Janny

Reflexionen
Ettenauer: "Die Kursentwicklung hat sich von der Realität abgekoppelt." Foto: Newald

Interesse am Kauf größerer Immobilienportfolios. | Kürzel CA bleibt im Firmennamen erhalten. | "Wiener Zeitung": Macht das Immobiliengeschäft im Augenblick Spaß? | Bruno Ettenauer: Man muss das in zwei Teile trennen. Das Tagesgeschäft macht Spaß, weil da Fortschritte und Erfolge zu sehen sind, wenn wir etwa eine Baugenehmigung erhalten oder ein Bauvorhaben abschließen. Wenn man allerdings die Kapitalmarktseite betrachtet, dann ist der Spaß weniger groß.


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Die Kapitalmarktseite bedeutet: der Aktienkurs?

Den zu beobachten, macht derzeit keinen Spaß, weil man mit einer gewissen Ohnmacht feststellen muss, dass - anders als im Tagesgeschäft - erfolgreiche Arbeit nicht entsprechend honoriert wird.

Der Aktienkurs der CA Immobilien AG hat von seinem Höchststand etwa 85 Prozent verloren. Wie erklären Sie dies Ihren Aktionären, die Sie vermutlich gelegentlich darauf ansprechen?

Man kann das schwer erklären. Die Kursentwicklung ist ein Faktum. Ich glaube, dass die Erwartungshaltung der Aktionäre ist, dass im Unternehmen alles getan wird, damit die Entwicklung wieder in eine positive Richtung geht.

Aber das Börsenklima und die Situation an den Finanzmärkten, die maßgeblich für den Absturz von Immobilienaktien verantwortlich sind, können Sie wohl kaum beeinflussen?

Das ist schon richtig. Dass die Rahmenbedingungen für Immobilien und speziell für Immobilienaktiengesellschaften derzeit nicht optimal sind, müssen wir zur Kenntnis nehmen. Wir konzentrieren uns daher auf Dinge, die wir beeinflussen können. Da tun wir alles, damit der einstige Höchstkurs nicht ein historisches Ereignis bleibt, sondern in den nächsten zwölf oder 24 Monaten wieder eine deutliche Trendwende beim Kurs eintritt.

In Österreich sind mit der Immofinanz-Gruppe und der ehemaligen Meinl European Land zwei große Immobilienaktiengesellschaften in unschöne und möglicherweise sogar strafrechtliche Affären verwickelt. Welchen Einfluss hat dies auf die Kursentwicklung der CA-Immo-Aktie?

Grundsätzlich sind diese Entwicklungen absolut nicht hilfreich und haben das Image von österreichischen Immobiliengesellschaften stark in Mitleidenschaft gezogen. Ich glaube aber nicht, dass sich diese Vorkommnisse maßgeblich auf unseren Kurs ausgewirkt haben. Wenn man sich die internationale Entwicklung ansieht, wird man feststellen, dass die Kurse von Immobilienaktiengesellschaften insgesamt stark gefallen sind.

Aber Sie können nachvollziehen, dass es Investoren gibt, die wegen der Vorkommnisse bei Meinl European Land und Immofinanz derzeit auch von CA-Immo-Aktien lieber die Finger lassen.

Ich glaube, dass es Verunsicherung gibt und dass neben rationalen Aspekten in der Beurteilung einer Aktie im Hintergrund auch solche Überlegungen eine gewisse Rolle spielen können. Gerade bei internationalen Investoren, die sich die Arbeit machen müssen, die Unterschiede zwischen einzelnen Gesellschaften in einem Land herauszuarbeiten, bleibt derzeit möglicherweise nicht immer genügend Zeit, ausreichend zu differenzieren. Man muss schon ein sehr intimer Kenner der einzelnen Gesellschaften sein, um das exakt beurteilen zu können.

Die CA-Immo-Aktie, die vergangenes Jahr zeitweise bei 25 Euro notiert hat, kostet derzeit etwa vier Euro. Ist dieser Kurs angemessen?

Es ist müßig, sich die Frage zu stellen, ob ein Aktienkurs gerechtfertigt ist oder nicht. Der Kurs ist so, wie er ist. Er wird vom Markt gemacht, wir müssen ihn zur Kenntnis nehmen. Er reflektiert allerdings stärker die aktuelle Lage an den Finanzmärkten als er die Zukunftsaussichten und Chancen des Unternehmens widerspiegelt. Wir sind sicher nicht zufrieden mit der derzeitigen Börsenkapitalisierung.

Die aktuell rund 350 Millionen Euro beträgt.. .

Richtig, eine sehr, sehr hohe Differenz zu unserem Eigenkapital, das in der Größenordnung von 2,5 Milliarden Euro liegt.

Das könnte man auch so interpretieren, dass Ihnen die Börse beziehungsweise die Investoren die Werte Ihrer Immobilien nicht glauben.

Das sehe ich anders. Die Kursentwicklung hat sich zu einem gewissen Grad von der Realität abgekoppelt, denn sonst müsste man ja davon ausgehen, dass wir alle unsere Immobilien insgesamt um 40 Prozent abwerten müssten. Und das ist völlig absurd.

Die Finanzierung von Immobilienprojekten ist allerdings schwieriger geworden.

Das stimmt schon, die Liquidität ist knapp, das Finanzierungsverhalten der Banken ist zurückhaltender. Aber andererseits hat die Zinssituation auch positive Aspekte. Heute sind die Zinsen um fast einen Prozentpunkt niedriger als vor einem Jahr. Das heißt, selbst wenn die Banken heute einen Prozentpunkt Risikoaufschlag mehr berechnen als vor einem Jahr, haben wir die gleichen Refinanzierungskosten.

Unter der Voraussetzung, dass man die Finanzierungen tatsächlich bekommt.

Das ist eine berechtigte Einschränkung. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass es uns im letzten halben Jahr gelungen ist, Finanzierungen von rund 550 Millionen Euro zu sehr vertretbaren Konditionen zu erhalten. Das ist in Zeiten wie diesen ein beachtlicher Betrag und zeigt, dass die Banken offensichtlich Vertrauen zu unserem Unternehmen haben.

Vielleicht hilft es in dem Zusammenhang ein bisschen, wenn man im Firmennamen das Kürzel einer zwar nicht mehr existierenden, aber in Österreich doch renommierten Bank führt?

(lacht) Das ist wahrscheinlich kein Nachteil.

Warum haben Sie nach dem Verschwinden der Creditanstalt das Kürzel CA nicht gestrichen oder durch Bank Austria ersetzt?

Die CA Immobilien AG wurde vor 20 Jahren gegründet und hat Höhen wie Tiefen erfolgreich gemeistert. Wir tragen diesen Namen mit gewissem Stolz.

Ihr größter Aktionär und Vertriebspartner ist seit langem die Bank Austria. Sie hätten den Namen auf BA Immobilien AG ändern können.

Die Bank Austria hält zehn Prozent unserer Aktien, aber wir sind ein unabhängiges Unternehmen. Ich glaube, es wäre falsch, alles eins zu eins nachzuvollziehen, was ein anderer macht. Dass wir den Namen nicht geändert haben, kann man als Signal der Stabilität werten.

Würden Sie einem Freund, der eine Erbschaft gemacht und daher Geld zu veranlagen hat, raten, Aktien der CA Immo AG zu kaufen?

Wenn ich eine Veranlagung suche, die ich täglich realisieren kann, dann sind Aktien grundsätzlich ein geeignetes Instrument. Wir müssen derzeit aber zur Kenntnis nehmen, dass Liquidität auch einen Preis hat. Und man muss die langfristige Strategie des Unternehmens beurteilen.

Das waren jetzt relativ allgemeine Aussagen zur Investition in Aktien. Meine Frage war: Würden Sie einem guten Freund raten, jetzt CA-Immo-Aktien zu kaufen?

Wenn man einen langen Atem hat, und das heißt in diesem Fall nicht bloß einige Monate, denke ich, dass es Sinn macht.

Ihre Tochtergesellschaft CA Immo International AG ist schwerpunktmäßig in Osteuropa engagiert. Nahezu alle Ökonomen sind der Ansicht, dass diese Region von der gerade beginnenden Rezession besonders stark betroffen sein wird. Wie schätzen Sie die Entwicklung ein?

Für uns war es wichtig, eine gute Balance zu erzielen. Auf der einen Seite sind wir mit Österreich und Deutschland stark in vergleichsweise stabilen Märkten engagiert. Dem stehen Investments in den dynamischeren, dadurch aber auch risikoreicheren Regionen Osteuropas gegenüber.

Wenn das Wirtschaftswachstum dort von sechs oder sieben Prozent auf zwei oder drei Prozent zurückgeht, dann wird das lokal natürlich als starker Rückgang erlebt. Aber man darf nicht vergessen, das ist immer noch Wachstum.

Man muss auch zwischen EU-Mitgliedern wie Polen oder Tschechien und den Balkan-Staaten oder Ukraine und Russland unterscheiden. Aus unserer Sicht wird es zwar durchaus zu einer Verlangsamung des Wachstums kommen, aber die meisten Länder werden damit umgehen können. Wir sind dorthin gegangen, um uns nachhaltig in diesen Märkten zu engagieren. Da werden uns die aktuellen Entwicklungen nicht aus der Bahn werfen.

Erwarten Sie, dass das Bankenhilfspaket zeitnah eine größere Finanzierungsbereitschaft der Banken bewirkt?

Ich glaube, dass die Banken, mit Hilfe oder ohne, ihre Hausaufgaben machen müssen und auch machen werden. Wir sind aus heutiger Sicht zwar weitgehend ausfinanziert, weil wir uns die mittel- und langfristigen Finanzierungen rechtzeitig besorgt haben, aber ein nicht unwesentlicher Teil unserer Geschäftstätigkeit ist der Verkauf von Immobilien. Und verkaufen kann man nur, wenn auch die Käufer die nötigen Finanzierungen bekommen.

Manche Mitbewerber werden in nächster Zeit möglicherweise größere Projekte oder ganze Portfolios verkaufen müssen. Wird die CA Immo AG zugreifen und in Kauf nehmen, dass dadurch der Verschuldungsgrad steigt?

Grundsätzlich muss man bei größeren Akquisitionen derzeit besonders vorsichtig sein. Wir würden so etwas nur dann in Erwägung ziehen, wenn es den Net-Asset-Value des Unternehmens stärkt und wenn eine ausreichende, vernünftige, langfristige, stabile Finanzierung zu erhalten ist.

Zur PersonBruno Ettenauer wurde am 25. Jänner 1961 geboren und studierte Rechtswissenschaften. 1985 trat er in die damalige P.S.K. Bank ein.

Danach wechselte Ettenauer zur ehemaligen Länderbank, wo er unter anderem mit Immobilien- und Hypothekenfinanzierungen befasst war. 1999 übernahm er die Leitung der Abteilung Financing und Consulting in der damaligen Creditanstalt. 2000 wurde Ettenauer zum Leiter des österreichischen und zentraleuropäischen Immobiliengeschäfts von Creditanstalt und Bank Austria.

Seit 2006 fungiert er als Sprecher des Vorstandes der CA Immobilien Anlagen AG.