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Akustische Umwelt-Verschmutzung

Von Folker Streib

Gastkommentare
Volker Streib ist pensionierter Manager und seit 70 Jahren Skigast in Österreich.

Die Zwangsbeschallung rund um die Skihütten verleidet vielen Feriengästen den Winterurlaub.


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Seit Jahrzehnten genieße ich Skiabfahrten und Skitouren in den österreichischen Bergen. Dieser Genuss wird in jüngster Zeit immer mehr beeinträchtigt, und zwar durch die ständigen unerträglichen Musikübertragungen an den Jausenstationen. Es ist kaum noch möglich, sich in Ruhe auszuruhen und sich am Ausblick auf die Berge und Gletscher zu erfreuen.

Die Söldener, so sagt man in Tirol, können wie immer nichts dafür, dass sie den Ausblick auf ihre schönen Gletscher durch den Krach versauen, und die Möchtegern-Promis in Ischgl haben wahrscheinlich die Idalp und den Rest in ihr ständiges Ballermann-Getöse einbezogen, um ihren Bergen den "richtigen Eventcharakter" zu geben.

Sogar in den früher einmal so professionell und elegant zurückhaltend geführten Skigebieten Serfaus und Zürs ist die Seuche eingezogen; ganz schlimm, dass auch die Alpenvereinshütten sich inzwischen mit dem Krach schmücken.

Den Vogel aber schießt mein Hausskigebiet, das Pitztal ab, dort wird auf dem Gletscher neben dem Getöse oft auch gleichzeitig eine Radioübertragung eingespielt, unter Insidern: "Pitztal Stereo" oder "Pitztal Terror".

Das Ganze läuft übrigens nicht unter dem Begriff "Musik", sondern unter "Beschallung", verantwortet von Spezialfirmen mit einer starken Lobby. Auf eine Anfrage, warum denn immer und so laut, bekam ich zur Antwort die Aussage, man hätte Verträge, und außerdem wolle das Servicepersonal die Beschallung, wahrscheinlich, um wach zu bleiben.

Über Geschmack kann man ja nicht streiten, aber auch für die Beschallungswahl sind die Bedienungen federführend. Es hat sich inzwischen eingebürgert, dass man zur ruhigen Handynutzung die Toiletten aufsucht, wo man dann allerdings auch alles über Ernas neue Schwangerschaft und die anstehenden Vorstandsbesetzungen internationaler Konzerne mitbekommt, eine Art sitzender investigativer Journalismus.

Daher folgender Vorschlag: Kann man die Beschallung nicht auf die kleinen, gelben runden Abfüllstationen beschränken, zumal nach diversen fundierten Studien der Weltgesundheitsorganisation und des Alkoholikerweltverbandes überhaupt kein Zusammenhang zwischen Lautstärke und Alkoholverzehr nachzuweisen ist?

Es bleibt nur zu hoffen, dass nicht - wie in den Mittelmeerländern - überall auch noch Bildschirme aufgestellt werden, damit niemand auch nur eine Minute auf die Infantilisierungs- und Idiotisierungsbetreuung durch das Fernsehen verzichten muss.

Aber es gibt inzwischen schon Hoffnung. Trotz der Wahlkampfbelastung hat sich das Dialogbüro des grünen Parlamentsklubs dankenswerterweise des Problems angenommen. Es ist daher zu erwarten, dass auch von der Politik Initiativen zur Wahrung des Gesundheitsschutzes und des Belästigungsschutzes ergriffen werden und die österreichischen Bergfreunde und wir Piefkes ein Recht auf Ruhe und Nichtbelästigung neben den Beschallungszonen auf den Jausenstationen erhalten.