Atomtechnologie und Gaddafi - zwei Worte, die, in einem Atemzug genannt, für Nervosität sorgen. Der französische Staatspräsident hat dessenungeachtet dem libyschen Diktator im Zuge einer schnellen Visite die Lieferung eines Reaktors versprochen. Das heikle Kraftwerk soll Strom für die Süßwassergewinnung erzeugen. Passend dazu will Libyen Frankreich mit Uran, über das es im großen Maß verfügt, versorgen.
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Auch wenn es vom harmlosen Entsalzungs-AKW zur Atombombe ein weiter Weg sein sollte und auch wenn sich Libyen offiziell von seinem militärischen Atomprogramm verabschiedet hat: Die Irritationen, die der Deal Sarkozys bei westlichen Politikern ausgelöst hat, sind nachvollziehbar. Immerhin handelt es sich bei Gaddafi um einen Menschen, der die Zerstörung von zwei Flugzeugen und einen Anschlag auf eine Berliner Diskothek zumindest gebilligt hat.
Auch nach seiner "Läuterung" gilt der Oberst mit dem krausen Haar als unberechenbar. Er umgibt sich mit einem bizarren Personenkult und regiert das Land autoritär. Und angesichts des erbitterten Atomstreits, in den der Westen und der Iran verwickelt sind, wirkt der Deal Sarkozys erst recht deplatziert.
All das hat der deutsche Staatssekretär Gernot Erler auf den Punkt gebracht, wenn er die neue französische-libysche Kooperation als "politisch problematisch" bezeichnet. Zu Denken gibt überdies die Tatsache, dass die Entsalzung von Meerwasser auch ohne Kernenergie funktioniert. Deutschland hat Libyen zur Trinkwasseraufbereitung den Einsatz erneuerbarer Energien angeboten, Tripolis hat auf das Angebot aber nicht reagiert.
Möglich ist, dass sich der exaltierte Wüstensohn, der über eine ausschließlich aus kampferprobten Frauen bestehende Leibgarde verfügt, mit dem AKW einen Bubentraum erfüllen und seine persönliche Eitelkeit befriedigen wollte.
Angesichts der enormen wirtschaftlichen Möglichkeiten, die Libyen bietet, treten Sicherheitsbedenken jedenfalls in den Hintergrund. Gaddafis Reich verfügt nicht nur über große Uran-Vorkommen, hier werden täglich 1,6 Millionen Barrel Öl gefördert. Die Produktion soll bis zum Jahr 2012 auf 3 Millionen Barrel erweitert werden - es warten große Geschäfte auf europäische und US-Firmen.
Humanitäre Defizite sind da ebenfalls zweitrangig. Obwohl in Libyen gefoltert wird und Kritik am Regime verboten ist, unterzeichnet Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner - Ex-Menschrechtsaktivist - ein Abkommen über militärische Zusammenarbeit, Waffenlieferungen inklusive.
Berlin ist der Ansicht, Präsident Sarkozy sei mit der Umarmung Gaddafis zu weit gegangen. Allerdings muss festgehalten werden, dass Deutschland selbst wenig Berührungsängste gezeigt hat. Deutschland ist der zweitwichtigste Handelspartner Libyens, Frankreich liegt nur auf Platz sechs.