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AKW-Stresstests: Die Prüfkriterien

Von WZ Online

Europaarchiv

Die EU-Kommission hat am Mittwoch offiziell die Einigung auf Stresstests für die 143 Atomreaktoren der EU bekanntgegeben. Demnach werden bei diesen Tests sowohl Auswirkungen von Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überflutungen als auch von menschlichen Fehlern geprüft. Ausdrücklich miteinbezogen werden soll die Frage, wie sich Unfälle wie etwa ein Flugzeugabsturz oder eine Explosion eines Tankschiffes in direkter Umgebung eines Kraftwerkes auswirken würde. Keine Berücksichtigung finden die Gefahren durch Terror-Angriffe, dazu soll eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden.


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NATURKATASTROPHEN

Geprüft werden sollen Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überflutungen, aber auch die Kombination aus diesen beiden Szenarien - wie es bei der Katastrophe im japanischen Fukushima der Fall war. Außerdem sollen die AKW auf Einflüsse von "extremer Kälte" und "extremer Hitze" überprüft werden.

TECHNISCHES GEBRECHEN

Auch die Gefahr technischer Gebrechen wie etwa Stromausfall, Ausfall der Notstromaggregate oder ein Ausfall des Kühlsystems soll geprüft werden. Auch hier soll die Auswirkung einer Kombination aus diesen Störfällen in Betracht gezogen werden.

MENSCHLICHES VERSAGEN, FLUGZEUGABSTÜRZE

Der "Faktor Mensch" soll ausdrücklich Ziel der Überprüfung sein. Dieser Punkt war lange Zeit umstritten gewesen. Dies umfasst alle durch menschliches Versagen verursachten Störfälle, auch Unfälle sollen als Szenario geprüft werden. Dies betrifft auch Auswirkungen von Flugzeugabstürzen oder Explosionen von Tank- oder Gasschiffen in unmittelbarer Nähe zum AKW.

TERROR

Nicht geprüft werden die Auswirkungen von Terror-Gefahren auf die AKWs. Offiziell begründet wird dies damit, dass nicht alle nationalen Atomaufsichtsbehörden dazu berechtigt bzw. befähigt seien. EU-Energiekommissar Günther Oettinger will dazu die Mitgliedsstaaten zu Gesprächen einladen, außerdem ist die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zu diesem Thema geplant. Seitens der Kommission wurde betont, dass hier aus Sicherheitsgründen die Transparenz nicht in jenem Umfang gewährleistet sein kann wie im Falle der nun bereits fixierten Stresstest-Kriterien. Außerdem verwies man seitens der Kommission darauf, dass es keinen Unterschied mache, ob etwa ein Flugzeugabsturz durch ein technisches Gebrechen, menschliches Versagen oder Terror verursacht wird.

TEST-ABLAUF

Die Stresstests gliedern sich in drei Phasen. Zunächst wird der Kraftwerks-Betreiber verpflichtet, alle Fragen des Stresstests zu beantworten und eine Beschreibung abgeben, wie das AKW auf verschiedene Situationen reagieren würde. In einem zweiten Schritt werden die nationalen Regulatoren (bzw. Aufsichtsbehörden) diese Berichte auf Glaubwürdigkeit überprüfen.

In einem dritten Schritt wird dann der nationale Bericht von einer Expertengruppe auf europäischer Ebene geprüft. Diese Expertenteams werden aus sieben Personen bestehen: ein Mitglied der EU-Kommission sowie sechs Mitgliedern der Europäischen Nuklear-Aufsichtsbehörden (ENSREG). Die Zusammensetzung der Teams wird noch von Kommission und ENSREG bestimmt. Dabei gilt die Regel, dass unter den jeweiligen Teams keine Angehörige des zu prüfenden Landes vertreten sein dürfen. Die europäischen Teams sind auch dazu berechtigt, bei Bedarf die jeweiligen AKWs zu betreten, außerdem müssen die Betreiber alle geforderten Informationen herausgeben.

Gestartet werden die Tests mit 1. Juni, dann werden die Vorgaben an die Betreiber geschickt. Bis 15. August müssen die Kraftwerks-Betreiber einen ersten Fortschritts-Bericht abgeben, die nationalen Behörden dann bis 15. September. Die finalen Berichte der Betreiber müssen bis spätestens 31. Oktober vorliegen, jene der nationalen Behörden bis 31. Dezember 2011.

Die EU-Kommission wird dann gemeinsam mit ENSREG bis zum EU-Gipfel am 9. Dezember einen ersten Fortschrittsbericht vorlegen. Eine finaler Bericht der europäischen Prüf-Teams muss dann bis Juni 2012 fertig sein.

TRANSPARENZ und KONSEQUENZEN

Die nationalen wie auch die Prüfberichte der europäischen Prüfer werden offengelegt. Rechtliche Konsequenzen ergeben sich au den Tests für die Mitgliedsstaaten bzw. die Kraftwerksbetreiber keine. Die EU-Kommission setzt auf den Druck der Öffentlichkeit durch die Veröffentlichung der Prüfberichte. (APA)

AKW-Stresstests starten am 1. Juni