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Al Kaida will Maghreb und Spanien

Von WZ-Korrespondent Günther Bading

Politik

"Nordafrika von Spanien und Frankreich befreien." | Zapatero beruhigt. | Madrid. Genau dreizehn Mal hat Al Kaida seit 2001 die Rückeroberung des einst islamischen Spaniens zu ihrem Ziel erklärt und gläubige Muslime sowie Dschihadisten (Gotteskrieger) aufgefordert, für die Wiederherstellung von "Al Andalus" zu kämpfen. In dieser Woche hat Osama bin Ladens Vize, der ägyptische Arzt Ayman Al Zawahiri, in einem 80-minütigen Video die Drohung wiederholt, aber dabei einen neuen Akzent gesetzt, der in den Sicherheitsapparaten von Spanien, Marokko und Algerien die Alarmglocken schrillen ließ. Denn Al Zawahiri fordert, den Maghreb, also Nordafrika, "von den Söhnen Spaniens und Frankreichs zu befreien". Allein in Marokko leben rund 5000 Spanier.


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Ministerpräsident José Luis Ródriguez Zapatero beeilte sich, die Öffentlichkeit zu beruhigen. "Solche Drohungen sind nicht neu für uns, wenn auch diese mehr Aufmerksamkeit erregt hat", sagte Zapatero und versicherte, dass Spaniens Sicherheitskräfte mit denen der nordafrikanischen Regierungen zusammenarbeiteten. Besonders im Blickpunkt stehen die beiden spanischen Städte Ceuta und Melilla, die sich auf nordafrikanischem Boden befinden. Sie sind die Überreste des einst teils spanischen, teils französischen Marokkos, das erst 1956 unabhängig wurde.

Die Regierung in Madrid arbeitet dort nach Kräften dem Terrorismus entgegen. Erst am Freitag hat sie zwei Millionen Euro bereitgestellt, um junge illegale Einwanderer ohne Familie in den spanischen Exklaven zu integrieren. Diese Gruppe gilt als besonders anfällig für Rekrutierungstrupps der Al Kaida.

Spanier und Franzosen schwer gefährdet

Der Direktor des Nationalen Sicherheitsamtes in Algier hatte sofort nach Bekanntwerden des Zawahri-Videos seine Kollegen in Madrid und Paris gewarnt: Franzosen und Spanier sowie Einrichtungen ihrer Länder und Unternehmen seien akut gefährdet. Auch in Marokko wird die Warnung ernst genommen. Beide Länder werden immer wieder von Attentaten der Islamisten heimgesucht. In Algerien sind seit Jahresbeginn bei Anschlägen 100 Menschen getötet worden.

Verantwortlich ist die "Al Kaida des islamischen Maghreb". Sie will islamistische Radikale aus nordafrikanischen Staaten vereinen. Bisher sandte die Gruppe ihre Militanten zur Ausbildung nach Afghanistan und in den Irak. Inzwischen hat man selber Ausbildungscamps in der Sahara eingerichtet. Das Geld dafür kommt aus Erpressungen, etwa von entführten Touristen, für die deren Heimatregierungen Millionen Lösegeld bezahlen.

In Madrid und Barcelona sind sofort nach den Drohungen Al Kaidas zwei seit geraumer Zeit beschattete pakistanische Geschäftsleute festgenommen worden, die Gelder für Al Kaida transferiert haben sollen. Sie bedienten sich dabei des Hawala-Systems, das an Banken vorbei Gelder von einem Land ins andere bringt (siehe unten). Die Festnahmen erfolgten in Zusammenarbeit von spanischer Polizei und dem FBI. Die beiden sollen mindestens 53.000 Euro, möglicherweise aber bis zu eine Million an Islamisten verschoben haben.

Hawala-System

(gb) Das Hawala-System ist in arabischen und asiatischen Ländern seit Jahrhunderten bekannt. Eine Person bezahlt in seinem Land bei einem "Hawalarda" eine bestimmte Summe ein, erhält einen Code, den er dem Empfänger in einem anderen Land mitteilt. Der bekommt dann bei einem Hawalarda in seinem Land gegen den Code das Geld abzüglich einer kleinen Provision ausbezahlt. Banken und Behörden erfahren nichts. Es gibt keine schriftlichen Belege und es wird auch kein Geld transferiert. Die Geldhändler rechnen unter sich bei legalen Geschäften und durch fingierte Rechnungen oder Preisnachlässe ab.