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Al-Sadr kommt wieder ins Machtspiel

Von Hamza Hendawi

Politik

Gefördert durch Iran, beliebt durch Sozialangebot. | Bagdad. (ap) Mit Muktada al-Sadr muss gerechnet werden. Kurz vor der Wahl im Irak am 7. März ist die Bewegung des radikalen Geistlichen wieder zu einem ernst zu nehmenden Faktor herangewachsen. Der erst 36-jährige Mullah mit guten Verbindungen nach Teheran könnte sich als Königsmacher erweisen und dafür sorgen, dass der nächste Regierungschef dem Iran deutlich freundlicher gesonnen ist als den USA.


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Al-Sadr ist Teil der religiös orientierten Irakischen Nationalallianz. Deren wichtigste Mitglieder sind der Oberste Islamische Rat des Irak (SIIC) und eben die Sadristen.

SIIC-Vertreter räumen unter der Hand ein, dass die Sadristen gute Karten haben: Hinter ihnen stehe der Iran, der sich Einfluss auf eine neue Regierung im Nachbarland ausrechne. Ein ranghoher SIIC-Vertreter sagte, seine Partei wolle sich der Unterstützung kleinerer Allianzpartner versichern und so zu verhindern versuchen, dass die Sadristen die Oberhand gewännen. Auch Politiker aus Malikis Rechtsstaats-Bündnis gehen davon aus, dass Sadrs Anhänger gut abschneiden werden.

Sadrs Sprecher Salah al-Obeidi erwartet für die Nationalallianz 70 bis 80 der 325 Sitze, davon mindestens 35 für seine eigenen Leute. Das mag zwar hochgegriffen sein, doch die Bewegung hat tatsächlich im Lauf des vergangenen Jahrs an Boden gewonnen. Sadr selbst war 2007 in den Iran gegangen und in der Versenkung verschwunden, als die USA ihre Truppen zu verstärken begannen und gegen seine Mahdi-Milizen wie gegen sunnitische Aufständische vorgingen. In jüngster Zeit aber scheint er sich als Politiker profilieren zu wollen und ersetzt seine Miliz durch ein Netzwerk sozialer Dienste.

Seine Bewegung schnitt bei den Provinzwahlen voriges Jahr achtbar ab und gewinnt zunehmend Rückhalt in Bagdad wie im schiitischen Kernland im Süden. Das Sozial-, Gesundheits- und Bildungsangebot, gepaart mit der unablässigen Forderung nach Abzug der Amerikaner, kommt bei der zumeist armen schiitischen Bevölkerung an.

Eine von den Sadristen gesteuerte Regierung dürfte auf eine Beschleunigung des für Ende nächsten Jahres geplanten Truppenrückzugs dringen und könnte zudem die Aussöhnung der Religionsgruppen nach Jahren blutiger Kämpfe gefährden.

Dass Sadr selbst nach dem Amt des Ministerpräsidenten strebt, gilt als höchst unwahrscheinlich. Seine Anhänger haben noch nicht erkennen lassen, ob sie einen speziellen Kandidaten im Auge haben.

In Malikis Lager wird spekuliert, dass die Sadr-Anhänger außerhalb der eigenen Reihen nach einem möglichen Regierungschef suchen, um die Unterstützung anderer Gruppen zu gewinnen. Bei SIIC und Sadristen fallen unter anderen die Namen von Ahmad Chalabi und Ibrahim al-Jaafari, die beide dem Iran nahestehen. Chalabi ist vielen Sunniten besonders verhasst, weil er die Säuberungsaktion gegen Anhänger des gestürzten Diktators Saddam Hussein in Behörden und Militär leitete. Jaafari werfen manche vor, dass er als Ministerpräsident 2005 und 2006 vor dem Blutbad an Sunniten die Augen verschlossen habe.