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Kairo ist der ägyptischen Regierung zu überfüllt. Sie plant eine neue Hauptstadt, etwa 45 Kilometer entfernt in der Wüste.
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Kairo. (ce) Ägypten soll eine neue Hauptstadt bekommen. Das Projekt, das Regierung und Verwaltung aus dem überfüllten Kairo mit seinen rund 30 Millionen Bewohnern herausführen soll, wird nach bisheriger Planung rund 45 Milliarden Dollar kosten (40 Milliarden Euro). Bis 2021 soll sie fertig werden. "Ich kann mit voller Überzeugung sagen, dass dieses Projekt seit 20 Jahren überfällig ist", erklärte Mohsen Salah El Din, Chef der staatlichen Baufirma Arab Contractors. Die hat schon mit dem Bau begonnen, auf einem Areal von rund 700 Quadratkilometern 45 Kilometer südöstlich von Kairo. Das Gelände gehört der ägyptischen Armee.
Rund ein Drittel der 90 Millionen Ägypter wohnen in der Stadt und dem Großraum Kairo. Die Stadt ist zu eng, zu laut, zu überfüllt, mit ständigen Verkehrsstaus und sie wächst ungezügelt und so gut wie ungeplant in alle Richtungen. In der neuen Hauptstadt sollen Ordnung und Übersicht herrschen. Geplant sind fünf Millionen Einwohner, erklärt Mohsen. Man habe eine Alternative finden müssen, um dem Chaos der Kairoer Innenstadt zu entfliehen. Die Regierungsangestellten dürften nicht mehr viele Stunden für den Arbeitsweg brauchen.
Außerhalb des Großunternehmens Arab Contractors allerdings murren die ägyptischen Architekten und Stadtplaner. Sie sähen es lieber, wenn die Milliarden in die Verbesserung der Infrastruktur von Kairo gesteckt würden. Die meisten üben ihre Kritik allerdings nicht öffentlich, weil sie als Antwort Druck von der Regierung fürchten. Nezar Al Sayyad ist Architekturprofessor an der University of Berkeley in Kalifornien. Der gebürtige Ägypter hält mit seiner Kritik nicht zurück: "Das ganze Ding zeigt das Von-oben-nach-unten-Denken der Regierung. Es ist eine Operation im Militärstil, auf einem Gelände, das der Armee gehört und von ihr verkauft wird."
Auch wenn Sayyad amerikanischer Bürger ist, so wurde er im vergangenen Jahr doch auf dem Flughafen Kairo vorübergehend festgenommen und zu Kommentaren auf seiner Facebook-Seite über das von Präsident Abdel Fattah al-Sisi geplante Städtebauprojekt befragt. Er hatte das Vorhaben mit dem Vergnügungspark Disneyland verglichen und von "Sisi-Land" gesprochen.
China finanziert
Die Befürworter von "Sisi-Land" verweisen darauf, dass auch Brasilien, Indien und die Türkei ihre Hauptstädte aus überfüllten Metropolen in Neugründungen verlegt hatten. "Ägyptens Verwaltungshauptstadt ist nicht anders als Ankara, Neu-Delhi oder Brasilia", sagt Zeyad Elkelani, Politikprofessor der Universität Kairo. Die neue Stadt werde Arbeitsplätze schaffen und die Bürokratie des Landes - mit derzeit rund sieben Millionen Menschen im öffentlichen Dienst - in schlankere Bahnen lenken. Nicht alle Staatsbediensteten müssten aus Kairo in die neue Hauptstadt umziehen, sagte Elkelani. Jedenfalls werde der Umzug der Bürokratie "Platz für die Privatwirtschaft schaffen". Aus dem gewaltigen Bürokomplex der Regierung am Tahir-Platz, mit 30.000 Angestellten und 100.000 Besuchern täglich, will der Innenminister ein Hotel machen.
Zur Finanzierung hat das arme Ägypten mit einer staatlichen chinesischen Baufirma einen Vertrag über 15 Milliarden Dollar ausgehandelt. Die Chinesen werden 14 Regierungsgebäude, ein Ausstellungs- und Messegelände sowie das mit 5000 Plätzen größte Konferenzzentrum Afrikas finanzieren. Derzeit verhandelt man über den Bau einer neuen Universität mit Chinas Hilfe. Nun muss nur noch ein attraktiver Name für die Stadt as-Sisis gefunden werden.