Nur etwas mehr als die Hälfte der Österreicher - genau 54 Prozent - sind mit der Demokratie im Land zufrieden, nur 28 Prozent vertrauen dem Parlament und gar nur 14 Prozent den politischen Parteien.
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Zu diesen alarmierenden Ergebnissen kommt die Studie "Die Österreicher innen", die diese Woche veröffentlicht wurde. 1500 Bürger wurden ausführlich befragt. Bei diesen Ergebnissen läuten bei mir - als Parlamentarier und Politiker - alle Alarmglocken.
Und es drängen sich die Fragen auf: Wie konnte es dazu kommen (die Werte haben sich im Lauf der letzten zehn Jahre deutlich verschlechtert)? Welchen Teil hat die Politik dazu beigetragen? Was kann sie tun, um dieser besorgniserregenden Entwicklung entgegenzuwirken? Dass die Politik reagieren muss, wenn die Bevölkerung zunehmend das Vertrauen in sie und die Institutionen verliert, steht außer Frage.
Zur negativen Entwicklung beigetragen hat die Politik so einiges, fürchte ich - und das sei durchaus auch selbstkritisch festgestellt. Ein Beispiel: Ich bin gemeinsam mit Kollegen der anderen Parlamentsparteien öfters zu Gast in ORF-Diskussionssendungen. Ob darin der Diskussionsstil auch immer dazu angetan ist, das Vertrauen der Zuseher zu stärken, wage ich zu bezweifeln. Zeigt sich doch im Biotop dieser Diskussionen ein Grundproblem der Politik: der Umgang der Parteien, der Politiker miteinander, und zwar sowohl im Ton als auch in inhaltlicher Hinsicht.
Was ich damit meine? Lassen Sie es mich mit einer Wikipedia-Definition sagen: "Zu einem guten Diskussionsstil gehört neben wechselseitigem Respekt unter anderem, gegenteilige Argumente und Meinungen zuzulassen und genau zu prüfen, anstatt diese vorschnell zu verwerfen. Ein guter Diskutant hört zu, lässt ausreden und ist konzentriert genug, um auf das vom Gegenüber Gesagte einzugehen und seine eigenen Argumente sachlich darzustellen. Im Idealfall ist er gelassen und höflich. Oftmals ist zum Beispiel in der Politik Gegenteiliges zu beobachten."
Kriterien, die - um es euphemistisch zu sagen - in der politischen Auseinandersetzung nicht immer erfüllt werden, weder in Diskussionen, noch bei Nationalratssitzungen und am allerwenigsten vermutlich in Wahlkämpfen. Allzu oft wird nicht miteinander geredet sondern gegeneinander, werden Meinungen nicht geprüft sondern a priori abgelehnt, weil sie ja von einer anderen politischen Partei kommen. Statt nach Gemeinsamkeiten wird nach dem Trennenden gesucht. Was zum Eindruck führt, das "die Politiker" nur streiten, und dazu, dass das Publikum - und das sind in diesem Falle die Österreicher - sich abwendet. Und zwar gleich von der Politik insgesamt. Das zu ändern hat die Politik, haben die Politiker selbst in der Hand.
Josef Cap ist Klubobann der SPÖ im Parlament.