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Ali Tarhouni

Von Alexander U. Mathé

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Nach dem Sturz von Libyens Revolutionsführer Muammar Gaddafi ist ein Mann, der 40 Jahre im US-Exil lebte der Minister für Öl, Wirtschaft und Finanzen.


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Ali Tarhouni ist in Libyen fürs Öl zuständig und ums Öl geht es dort auch. Nach dem Sturz von Revolutionsführer Muammar Gaddafi ist Tarhouni vom nationalen Übergangsrat zum Vizepremier sowie zum Minister für Finanzen, Wirtschaft und Erdöl ernannt worden. Er ist somit einer der gefragtesten Ansprechpartner für Investoren in den libyschen Petrol-Sektor.

Fast 40 Jahre hat der heute 60-Jährige seine Heimat nicht mehr gesehen. Als Student der Volkswirtschaft an der Al Fateh Universität in Tripolis engagierte er sich Anfang der 1970er Jahre für Demokratie und individuelle Freiheit. Er setzte sich aktiv gegen das autoritäre Regime ein, was ihm mehrere Verhaftungen einbrachte. Den Bachelor in der Tasche emigrierte er schließlich 1973 in die USA. Die Regierung Gaddafi war davon nicht begeistert. Sie entzog ihm die libysche Staatsbürgerschaft, verurteilte ihn 1978 zum Tod und setzte ihn außerdem noch auf eine Todesliste, mit der Anhänger Gaddafis aufgefordert wurden, ihn umzubringen, wo auch immer er sich befinde.

Nach erfolgreicher Absolvierung seines Wirtschaftsstudiums wurde er an der University of Washington zuerst Assistenzprofessor und schließlich ordentlicher Professor an der dortigen Business School. Bei den Studenten war er dem Vernehmen nach sehr beliebt, wenn auch eher unbekannt.

Die Politik in seinem Land hat Tarhouni während all dieser Zeit nicht aus den Augen verloren und war zeit seines Lebens in der libyschen Exil-Opposition engagiert. So verwundert es auch nicht, dass er Ende Februar 2011 nach Libyen zurückkehrte, um sich der dort aufkeimenden Oppositionsbewegung anzuschließen und sie zu beraten.

Er wurde Sprecher der Rebellen und nach der erfolgreichen Revolution zum Minister ihrer wertvollsten Ressource, der dafür sorgen soll, dass Libyen wieder an die Vorkriegsproduktionszahlen von 1,6 Millionen Barrel am Tag herankommt. Da er sich gleichzeitig um die Finanzen und Wirtschaft des Landes kümmern muss sowie darum, die Hauptstadt Tripolis nach dem Krieg wieder in Gang zu bringen, sind manche Stimmen der Ansicht, Tarhouni müsse sich um mehr Dinge kümmern, als es einem einzelnen Menschen zumutbar wäre. "Koffein und Nikotin lassen mich durchhalten", sagt er dazu. Trotz der vielen Arbeit ist Tarhouni auch für Heiteres gut - wenn auch manchmal unfreiwillig. So dankte er etwa in einem Interview Frankreich für die selbstlose Intervention in Libyen, ohne an den eigenen Nutzen zu denken. Die beiden Länder hätten schließlich keine besonderen Beziehungen, auch sei Frankreich kein wichtiger Handelspartner. (Siehe dazu Artikel Seite 7.)

Weniger beliebt ist Tarhouni bei den libyschen Islamisten. Einer ihrer Anführer, Scheich Ali Sallabi, ging mit der Nummer 2 des Übergangsrats, Mahmoud Jibril, schwer ins Gericht, weil der amerikanische Volkswirt zum Ölminister berufen wurde. Dies sei auf Kosten jener geschehen, die Erfahrung darin hätten "das, was den Libyern Brot bringt" zu handhaben. Betrachtet man allerdings Tarhounis Lebenslauf, so scheint er im Gegenteil genau der geeignete Mann dafür zu sein.

Entdeckungen von Alexander U. Mathé