Martinz überreichte dem Gericht 65.000 Euro - auf einem Hypo-Sparbuch.
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Klagenfurt.
Bei seinem Geständnis vor knapp zwei Wochen hatten Beobachter noch die gebotene Reue vermisst. Bei der Fortsetzung des Untreueprozesses rund um das sogenannte Birnbacher-Honorar am Montag setzte der mittlerweile zurückgetretene Kärntner Landes-ÖVP-Chef Josef Martinz dann ein besonderes Zeichen. Er werde das "Schandgeld" - jene 65.000 Euro, die ihm Birnbacher im Jahr 2008 bei einer Weihnachtsfeier im Kuvert als verdeckte Parteispende gegeben haben soll - "dem Gericht zur Verfügung stellen". Richter Manfred Herrnhofer fragte nach: "Wann?" Martinz meinte: "Jetzt!" - und übergab Herrnhofer ein Montagfrüh bei der Kärntner Hypo eröffnetes Sparbuch über die genannte Summe. Nichtsdestoweniger war Martinz massiv darum bemüht, sein Geständnis lediglich darauf einzuschränken, diese 65.000 Euro für seinen Wahlkampf kassiert zu haben.
Zur Anklage der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, die Martinz dem Wirtschaftsprüfer Dietrich Birnbacher und den beiden Vorständen der Kärntner Landesholding Untreue vorwirft, bekannte sich der gefallene Kärntner Politiker dezidiert als nicht schuldig.
"Euphorische Stimmung"
Es sei seine Vorstellung gewesen, dass das Sechs-Millionen-Euro-Honorar für die Beratungstätigkeit Birnbachers rund um den Verkauf von Hypo-Anteilen an die BayernLB im Jahr 2007 rechtens gewesen sei, Birnbacher zustehe und "keinesfalls einen Schaden für die Holding" darstelle. Zur Erinnerung: Birnbacher wurde von Martinz und dem damaligen Landeshauptmann Jörg Haider persönlich beauftragt, die Interessen des Landes im Verkaufsprozess zu wahren. Bezahlt hat das Honorar dann die Landesholding.
Im Oktober 2007, als der Deal mit den Bayern endgültig unter Dach und Fach war, habe eine euphorische Stimmung geherrscht, so Martinz. Er habe mit Haider darüber gesprochen, dass sich alle Verkäufer und Berater "eine goldene Nase verdient" hätten. Darauf habe Haider vorgeschlagen, man könne an Birnbacher herantreten, um "sich einen Teil des Geldes zu holen".
Er habe keine Ahnung gehabt, wie "Parteienfinanzierung in großem Volumen hätte laufen können", meinte Martinz. Es sei eine Drittelregelung ausgemacht gewesen: zwei Millionen Euro für Birnbacher, zwei Millionen Euro für Martinz und zwei Millionen Euro für Haider. Mit den - nach Bekanntwerden des Honorars eingebrachten - Anzeigen und den gestarteten Ermittlungen sei ihm jedoch klar gewesen, dass "die Abwicklung einer großen Parteispende nicht möglich sein wäre", so der damalige Wirtschaftslandesrat.
Richter Herrnhofer warf Martinz daraufhin vor, die Dinge "beschönigend" darzustellen. Auf Nachfrage musste Martinz zugeben, dass mit Birnbacher darüber gesprochen worden sei, wie man eine Parteienfinanzierung - etwa über Honorare, Druckkostenbeiträge oder Rechnungen - abwickeln könnte. Was eine Rechnung seiner ehemaligen Anwältin, Astrid Wutte-Lang, über 35.000 Euro an Birnbacher anbelangte, erklärte Martinz, diese sei keine Scheinrechnung. Wutte-Lang habe ihn bei einer separaten Vereinbarung mit Birnbacher rechtlich vertreten.
Birnbacher wiederum betont immer wieder, er habe Martinz insgesamt 100.000 Euro für die Partei zukommen lassen. Wutte-Lang bestreitet ihrerseits sämtliche Vorwürfe, musste jedoch das Verteidigungsmandat mit Martinz lösen und steht mittlerweile selbst im Visier der Staatsanwaltschaft.
Martinz erklärte am Montag auch, bis zu seinem Geständnis seiner damaligen Anwältin nichts über die 65.000 Euro von Birnbacher erzählt zu haben: Die Angelegenheit wäre "so ungustiös" gewesen.
Für Aufregung sorgt nun eine - erst jetzt vorgelegte - Vereinbarung, der zufolge Birnbacher auf alle Ansprüche aus dem Honorar gegenüber Martinz verzichtet hatte. Birnbacher behauptet, auch mit Haider einen solchen Vertrag abgeschlossen zu haben. Dies ist insofern pikant, als statt Haider und Martinz in Wahrheit die Landesholding die sechs Millionen Euro ausbezahlt hat. Die angeklagten Holding-Vorstände, die alle Vorwürfe gegen sie bestreiten, behaupten nun, betrogen worden zu sein. Das Gericht will diesbezüglich weitere Unterlagen herbeischaffen.
Birnbacher blieb am Montag bei seiner früheren Aussage, nicht nur Martinz habe Geld aus dem Honorar haben wollen, sondern auch die damaligen BZÖ-Politiker Uwe Scheuch und Harald Dobernig. Sie hätten bei einem Essen 500.000 Euro für die Partei gefordert. Gezahlt habe er das aber nicht, so Birnbacher. Schließlich sei er mittlerweile auch mit einer hohen Steuerforderung konfrontiert gewesen. Birnbacher weist den Vorwurf zurück, die anderen Angeklagten betrogen zu haben.
Gespräch mit Haider
Mit besonderer Spannung war die Zeugenaussage des früheren Haider-Pressesprechers Stefan Petzner erwartet worden. Er ließ mit einer Erzählung über ein angebliches Gespräch im Jahr 2007 aufhorchen, das im Büro Haiders stattgefunden habe: Plötzlich sei Martinz hereingekommen, obwohl er gar keinen Termin hatte, und habe sich hingesetzt. Dann sei auch der - vor wenigen Tagen zurückgetretene - ÖVP-Landtagsklubchef Stephan Tauschitz dazugekommen und gegen Ende des Gesprächs Martinz-Büroleiter Achill Rumpold, der zuletzt ebenfalls seinen Landesratsposten geräumt hat.
Irgendwie sei das Gespräch auf das Thema Birnbacher gekommen, wobei Haider Martinz auf "ziemlich rüde" Art gefragt habe: "Brauchts a Geld für die Wahl?" Haider habe ausloten wollen, "ob da etwas läuft", glaubt Petzner. Martinz wiederum habe die Fragen nicht verneint, sondern "einen hochroten Kopf bekommen und so herumgedruckst". "Ich war schockiert", beteuert Petzner. Auch Haider habe sich im Anschluss an das Gespräch "empört und grantig" gezeigt: "Das ist alles ein Wahnsinn. Das kann das gesamte Projekt (den Hypo-Verkauf, Anm.) gefährden", soll der Landeshauptmann laut Petzner gesagt haben.
Petzner konnte sich nicht genau erinnern, wann dieses Treffen stattgefunden haben soll. Martinz bestreitet, dass es ein solches überhaupt gegeben hat. Auch Rumpold und Tauschitz haben betont, nichts über Parteienfinanzierung aus dem Birnbacher-Honorar gewusst zu haben. Zu weiteren Punkten konnte Petzner wenig Angaben machen. Er zog sich darauf zurück, als Pressesprecher in die operativen Tätigkeiten nicht eingebunden gewesen zu sein.
Ein großes Mysterium im Birnbacher-Prozess trägt indes den klingenden Namen "Projekt Fort Knox". Unter "Project Knox" soll - früheren Medienberichten zufolge - das Engagement der Investorengruppe um Tilo Berlin bei der Hypo im Jahr 2006 gelaufen sein.
Übereinkunft mit Tilo Berlin
Nun liegt dem Gericht ein Schreiben vor, das ebenfalls mit "Projekt Fort Knox" betitelt ist und die Eckpunkte einer angeblichen Übereinkunft zwischen der Kärntner Landesholding und der Firma Berlins enthält, zum "Abgleich der Interessen" beim Verkauf von Hypo Aktien. Die entscheidenden Punkte: Berlins Firma führt die Verhandlungen mit der BayernLB. Und: Es gibt eine mögliche Erfolgsprämie von der Landesholding an Berlin, falls ein Kaufpreis von mehr als 3,1 Milliarden Euro erzielt wird.
Bisher haben sämtliche Betroffenen betont, sie würden das Dokument - das nicht unterschrieben ist - nicht kennen. Aufgetaucht ist es, weil ein Finanzbeamter bei einer Prüfung Einsicht in den Akt der Staatsanwaltschaft München erhalten, durch Zufall das Papier entdeckt und an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt weitergeleitet hat. Der Finanzbeamte hatte ursprünglich die Vermutung geäußert, das Schriftstück könnte bei der Kärntner Landesholding im Rahmen einer Hausdurchsuchung sichergestellt worden sein. Im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme am Montag vor Gericht relativierte der Beamte allerdings, dass er das nicht wisse und nur - unter anderem aufgrund von Medienberichten - vermutet habe. Das Papier sei aber jedenfalls im Akt der Staatsanwaltschaft München gewesen. Auch müssten es jene Personen kennen, die im Verteiler eines zugehörigen E-Mails stünden. Welche das genau sind, konnte der Zeuge aus dem Gedächtnis allerdings nicht genau sagen.
Nicht ausgesagt hat am Montag der zurückgetretene FPK-Landeshauptmannstellvertreter Uwe Scheuch, der - wegen der gegen ihn gestarteten Ermittlungen - von seinem Entschlagungsrecht Gebrauch machen will. FPK-Landesrat Harald Dobernig ließ sich am Montag wegen "dringender Amtsgeschäfte" entschuldigen und soll heute, Dienstag, aussagen. Scheuch und Dobernig haben sämtliche Vorwürfe immer zurückgewiesen.
Flick-Stiftung kooperiert
In einem anderen Teil der Hypo-Causa hat die Flick Privatstiftung nun bekanntgegeben, voll mit der Staatsanwaltschaft zu kooperieren: Die "Wiener Zeitung" hatte am Wochenende über einen Durchsuchungsbefehl der Hypo-Ermittler für Räumlichkeiten der Flick-Stiftung in Zusammenhang mit deren früheren Investments in Hypo-Vorzugsaktien berichtet. Der Staatsanwaltschaft seien "sämtliche relevanten Unterlagen freiwillig ausgefolgt" worden, erklärte die Stiftung am Montag per Aussendung. Ehemalige Organmitglieder seien von der Verschwiegenheitspflicht entbunden worden. Sämtliche damalige Mitglieder des Stiftungsvorstands seien zwischenzeitlich ausgeschieden.