Zum Hauptinhalt springen

Alle haben versagt

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Österreichern wird gerne nachgesagt, dass sie die Dinge schleifen lassen, sich durchlavieren und unangenehme Wahrheiten verträglich interpretieren. Das funktioniert hie und da, aber wenn es schiefgeht, dann vollständig. Bei der Hypo Alpe Adria war dies der Fall. Der nun vorliegende Kommissionsbericht zeichnet das Bild eines vollständigen Systemversagens. Die Bilanzprüfer der Bank zogen aus festgestellten Mängeln keine Schlüsse, die Bankenaufsicht zog keine Konsequenzen. Das (damals FPÖ-geführte) Land Kärnten hatte keine Ahnung, wofür es haftete. Die Regierung wankte ohne Strategie von einer Fehlentscheidung zur nächsten.

In diesem Bericht gibt es keine Guten, denn die Kommissions-Mitglieder kamen nicht aus Österreich und ignorierten das politische System. Recht mitleidlos listen sie auf, wer aller wann was nicht gemacht hat. Es gibt keine großen Enthüllungen. Der Bericht bietet einen kompakten Überblick über das Hypo-Desaster, das am Ende (zirka 2025) zwischen sieben und zehn Milliarden Euro Steuergeld gekostet haben wird.

Wenn es eine politische Lehre daraus gibt, dann jene, dass die Institutionen der Republik wieder lernen müssen, Verantwortung zu tragen.

Die Verstaatlichung der Hypo wäre 2009 vermutlich in jedem Fall gekommen. Auch wenn die FPÖ nun versucht, das kleinzureden, um den Schwarzen Peter weiterzureichen, bleibt dies wahrscheinlich. Aber als Bundesregierung in solche Verhandlungen ohne jede Strategie und Vorbereitung zu stolpern, ist gruselig. Sich danach um die Bank einfach nicht zu kümmern - wie sich davor das Land Kärnten und die BayernLB nicht um sie gekümmert haben -, ist noch gruseliger.

Der Hypo-Bericht, der nun erneut einer parlamentarischen Beurteilung unterzogen werden wird, wird daher einiges verändern im gemütlichen Österreich. Denn versagt hat ein System, das in heiklen Fragen die Verantwortung gerne so lange verwässert, bis keiner mehr übrig bleibt, der sie trägt. In so einem System wird der Interessenskonflikt üblich. Jörg Haider war Eigentümer und Aufpasser der Bank. Die Regierung scheute sich, 2010 rund 20 Milliarden Euro in die Staatsschuld aufzunehmen, und vergrößerte so den Schaden. Aufsichtsbehörden sind es gewohnt, politische Rücksichtnahme zu üben. Bei der Hypo hat dieses System ganzheitlich versagt - hoffentlich nur bei der Hypo.