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"Alle ins Boot holen"

Von Alexia Weiss

Politik
Ein "lebendiges Wien" will Ursula Struppe. Foto: Alexia Weiss

Wie Zuwanderung gemanagt wird. | Keine Vereine aber Projekte fördern. | "Wiener Zeitung": Laut Wiener Zuwanderungskommission hat ein Drittel der Wiener Migrationshintergrund. Das kürzlich präsentierte Monitoring der Stadt spricht von 44 Prozent. Wie erklärt sich dieser unterschiedliche Befund? | Ursula Struppe: Die 44 Prozent sind sehr komplex errechnet.


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17 Prozent haben eine fremde Staatsbürgerschaft und wurden im Ausland geboren. Elf Prozent wurden im Ausland geboren, sind aber österreichische Staatsbürger. Drei Prozent wurden hier geboren und sind keine österreichischen Staatsbürger. 13 Prozent wurden in Österreich geboren und haben die österreichische Staatsbürgerschaft, aber zumindest ein Elternteil wurde im Ausland geboren. Diese 13 Prozent machen wohl die Differenz aus.

Ob ein Drittel oder mehr: Die Herausforderung an die bisherige Mehrheitsgesellschaft ist enorm. Mit welchem Leitbild begegnet die Stadt Wien dieser Aufgabe?

Das Wiener Integrationskonzept kann man sich als Haus vorstellen. Das Fundament ist eine Zuwanderung, die klar und transparent geregelt und an Integrationsmaßnahmen gekoppelt ist. Darauf sind vier Säulen: Sprache, Bildung und Beruf, Zusammenleben sowie Messbarkeit. Das Dach bildet ein Bündnis für Integration und gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

Integration ist in der Öffentlichkeit eher negativ besetzt. Welche positiven Aspekte fallen Ihnen auf Anhieb ein?

Migration ist eine internationale Entwicklung und ich halte sie, für eine europäische Großstadt, für normal. Uns ist an einem lebendigen Wien gelegen, wo viel durch das kreative und intellektuelle Potenzial von Zuwanderern passiert. Wien war immer eine Stadt der Zuwanderung und hat davon profitiert. Wir wären furchtbar langweilig, wenn hier nur Meiers und Müllers leben würden. Klar ist, dass Zuwanderung nicht nur Potenziale hat, sondern auch gemanagt werden muss. Ich trete für ein realistisches Bild ein jenseits von Multi-Kulti-Romantik. Es gibt Konflikte, die darf man nicht schönreden.

Bedingt Integration Assimilation? Manche meinen, dann gäbe es keine Konflikte.

Ich glaube, Personen, die in mehreren Sprachen oder Kulturen zu Hause sind, sind auch ein Potenzial für Wien. Und man muss akzeptieren, wie der Einzelne leben will. Dazu gehören Sprache, Kultur, Religion. Andererseits muss es auch okay sein, wenn sich jemand ganz anpassen will. Es ist falsch, anderen eine Identität zuzuschreiben.

Wo sind die Schwerpunkte der Wiener Förderpolitik?

Wir fördern vor allem Maßnahmen, die neu Zugewanderten das Einleben erleichtern. Dabei geht es um Sprache, um Berufsorientierung, Rechtsberatung, das Anerkennen von Abschlüssen. Grundsätzlich fördert meine Abteilung nicht alles, was mit Migranten zu tun hat. Kulturprojekte etwa fallen in die Zuständigkeit der Kulturabteilung.

Wie hoch ist das jährliche Förderbudget?

Heuer beträgt es 7,8 Millionen Euro.

Können Sie hier freihändig über die Vergabe dieser Mittel entscheiden?

Alles muss vor der Vergabe vom Gemeinderat genehmigt werden. Nur über kleinere Projekte mit bis zu 5100 Euro Förderung entscheiden wir. Im Nachhinein wird dem Gemeinderat eine Aufstellung der geförderten Projekte übermittelt.

Wie hoch ist dieser Topf für Kleinprojekte dotiert? Können Sie ein Beispiel für ein solches Projekt nennen?

2010 stehen 170.000 Euro zur Verfügung. Heuer und 2009 haben wir den Schwerpunkt "Zusammenleben"; es geht darum, Migranten und Mehrheitsbevölkerung in Kontakt zu bringen. Ein Projekt in Wien-Brigittenau betrifft etwa interkulturelle Elternarbeit.

Fördern Sie auch Vereine mit nationalistischem oder islamistischem Hintergrund?

Wir fördern grundsätzlich keine Vereine, finanzieren also keine Infrastruktur oder Personalkosten, was viele Vereine immer wieder bedauern. Wir fördern Initiativen, Einrichtungen und Projekte, die multikulturell organisiert sind, etwa Beratungsstellen. Wenn es aber darum geht, Vereinsplattformen zu schaffen und miteinander zu reden, bemühen wir uns sehr, alle Vereine um einen Tisch zu versammeln, welche Ausrichtung sie auch haben. Hier ist es uns wichtig, dass alle im Boot sind. Auf dieser Ebene werden aber keine Fördermittel vergeben.