Ausnahme: Kindergartenpädagogen. Aufnahmetest für alle künftigen Lehrer.
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Wien. Darüber, ob es noch "Frau und Herr Professor" heißen werde, habe sie sich noch keine Gedanken gemacht, sagt Bildungsministerin Claudia Schmied und lacht. Anzunehmen ist, dass sie sich zur "Lehrerausbildung neu" schon viele Gedanken gemacht hat - schließlich wird seit vier Jahren an der Reform gewerkt. Doch ob das, was lange währt, nun endlich gut wird, muss bezweifelt werden: Kurz, nachdem sie und Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle am Mittwoch die Eckpunkte der neuen Ausbildung präsentierten (längere Ausbildung, Aufnahmeverfahren und Master für alle Lehrer), ist die Streitfrage nach der gemeinsamen Ausbildung für Lehrer der Sekundarstufe neu aufgeflammt.
Geht es nach Schmied, sollen alle Absolventen an jedem Schultyp für 10- bis 14-Jährige unterrichten dürfen - also etwa der Uni-Absolvent an der Neuen Mittelschule (NMS) oder der Absolvent einer Pädagogischen Hochschule (PH) in der AHS-Unterstufe. Der Bachelor soll sowohl an der PH als auch der Uni oder in deren Verbund erworben werden können. Das Masterstudium darf die PH allerdings nur in Kooperation mit einer Uni anbieten.
Wissenschaftsministerium interpretiert Entwurf anders
Aus dem Wissenschaftsministerium heißt es, die Zuständigkeit für das jeweilige Lehramt richte sich laut dem Gesetzesentwurf nach der "bisherigen Kompetenzverteilung". Demnach sollen AHS-Lehrer weiter an den Unis, NMS-Lehrer an der PH ausgebildet werden. Für Töchterle ist das aber kein Schritt in Richtung Gesamtschule: "Das hat primär Einfluss auf die Qualität der Lehrer, die Schulartendebatte wird davon nicht berührt."
Ob Volksschule oder AHS: Fortan ist für alle Lehrer ein vierjähriges Bachelorstudium plus ein- bis zweijähriges Masterstudium Pflicht, auch für Volksschullehrer, die bisher drei Jahre studierten. Für Schmied ist dies "ein starkes Signal zur Aufwertung der Volksschule".
Alle Lehrer sollen während des Masterstudiums unterrichten dürfen, für eine Fixanstellung ist ein Masterabschluss notwendig. Junglehrer sollen in den ersten Jahren von Mentoren begleitet werden. In dieser Phase soll das Gehalt laut Schmied nicht wesentlich geringer ausfallen als beim eigentlichen Berufseinstieg - über Details hielt sie sich bedeckt, das sei Sache des Dienst- und Besoldungsrechts. Dazu stehen Verhandlungen mit der Gewerkschaft an, Schmied sprach von "dem Gefühl, dass die Türen geschmeidiger aufgehen." Die Gewerkschaft hatte wiederholt auf einen verpflichtenden Master-Abschluss für alle Lehrer gepocht.
Kindergartenpädagogik doch nicht auf Uni-Ebene
"Die Bakip bleibt, die Unis sollen beginnen, Kompetenzen aufzubauen", sagte Töchterle über die Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik (Bakip) -ursprünglich hätten auch die Elementarpädagogen auf Hochschul-Ebene ausgebildet werden sollen.
Starttermin für die neue Lehrerausbildung ist Herbst 2012: Den Anfang machen Quereinsteiger im Bereich der Allgemeinbildung, denn die neue Lehrerausbildung soll den Beruf auch für Quereinsteiger attraktiver machen - was in Zeiten von Lehrermangel dringend notwendig sei, so Schmied. Erste Ausbildungen nach dem neuen System sind dann für 2014 vorgesehen. Bis 2015 soll die Umstellung der Volksschullehrerausbildung im Bachelor erfolgt sein, 2016 jene des Bachelorstudiums Sekundarstufe (NMS, AHS-Unterstufe). Spätestens 2019 soll es die neuen Masterstudien geben.
Ein weiteres Novum im Gesetzesentwurf ist ein Qualitätssicherungsrat. Er soll aus drei vom Wissenschafts- und Bildungsministerium entsandten Experten bestehen und ein Gütesiegel für Lehrpläne vergeben und sicherstellen, dass die unterschiedlichen Angebote auch von den Schulen anerkannt werden. Der von den Universitäten als Eingriff in ihre Autonomie abgelehnte Zertifizierungsrat ist damit nicht mehr Teil des Gesetzesentwurfes.
Welche Rolle diesem Rat tatsächlich zukommen werde, ist laut Heinrich Schmidinger, Chef der Universitätenkonferenz, jedoch unklar, und auch Fragen nach der Weiterbildung bleiben ihm zufolge unbeantwortet.
Ebenfalls unbeantwortet bleibt die Frage, wie lange ein Lehrer unterrichten darf, ohne den Masterabschluss gemacht zu haben oder jene nach dem Gehalt der Junglehrer und ihre Mentoren - diese Details würden "in absehbarer Zeit" nachgeliefert, versprach Schmied. Doch der Zeitrahmen ist knapp bemessen: Die Begutachtungsfrist endet am 3. Mai, beide Minister hoffen, dass die gesetzlichen Grundlagen noch bis zum Ende der Legislaturperiode fixiert werden können.