Zum Hauptinhalt springen

"Alle Mechanismen ausschöpfen"

Von Ina Weber

Politik

Die geplante EU-Regelung zur Telekomdaten-Speicherung, die vom derzeitigen EU-Vorsitzland Großbritannien forciert wird, ist sowohl auf EUals auch auf nationaler Ebene umstritten.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

In Österreich gibt es im Gegensatz zu Großbritannien derzeit noch keine Pflicht, Telefondaten zur Terrorismusbekämpfung zu speichern. Innenministerin Liese Prokop befürworte jedoch eine EU-weite Vereinheitlichung zur Vorratsspeicherung von Telekom-Daten, wenn es kriminalpolizeilich und bei der Bekämpfung des Terrors Sinn mache und den Datenschutz nicht verletze, so Prokop-Sprecher, Johannes Rauch. Die Datenspeicherung hat laut Rauch zur Aufklärung des Anschlags auf London eine maßgebliche Rolle gespielt. Er betont aber gegenüber der "Wiener Zeitung", es gehe hier nie um den Inhalt, lediglich um Verbindungsdaten. Datenschutz spiele eine wesentliche Rolle, jedoch "wer bedroht die Freiheit mehr, die Daten oder der Terrorismus?".

Im Oktober dieses Jahres wird der informelle EU-Rat über erste konkrete Beschlüsse diskutieren. Grünen Sicherheitssprecher Peter Pilz sprach sich gestern, Dienstag, heftigst gegen eine Ausweitung der Vorratsspeicherung von Telekom-Daten aus. Seiner Ansicht nach ist dies ein unverhältnismäßig starker Eingriff in die Grundrechte im Vergleich zum sicherheitspolitischen Nutzen. Eine Ausdehnung auf bis zu drei Jahre, wie dies ein Rahmenbeschluss des EU-Rates vorsehe, sei "hochgradiger Unfug". Auch kritisierte er die Haltung von Prokop und Justizministerin Karin Miklautsch, die diesen Beschluss mitgetragen hätten. Regierungsmehrheiten würden den Rahmenbeschluss in den nationalen Parlamenten umsetzen, dann könne man nichts mehr dagegen machen.

Die Anordnung des Staates, Daten zu sichern, birgt für Verfassungsrechtler Heinz Mayer Probleme, auch wenn es unter bestimmten Voraussetzungen möglich wäre. Denn laut Datenschutzgesetz kann man "eingreifen", wenn ein dringendes Bedürfnis, was die Gesundheit oder Sicherheit betrifft, vorliegt. "Je mehr es dazu dient, Strafdaten aufzuklären, desto eher kann man eingreifen", so Mayer. Alle Bürgerdaten vom Kardinal bis zum Schulwart zu speichern, hält Mayer jedoch für unzulässig. "Man kann im Kampf gegen den Terrorismus nicht alles aufheben, nur weil es praktisch ist."

"Wenn man eine allumfassende Terrorismusbekämpfung beabsichtigt, dann müssen alle Mechanismen gegen den Terror ausgeschöpft werden", meint der deutsche Terrorismusforscher Rolf Tophoven. Hundertprozentig sicher könne man sich jedoch nie sein. "Man kann noch soviel machen im technischen Bereich, im Bereich der Prävention, wenn ein radikaler Islamist bereit ist, sich und andere in den Tod zu stürzen, nützt die beste Datenspeicherung nichts." Für Tophoven ist der Anschlag in London ein gutes Beispiel dafür, dass dieser schwer zu verhindern gewesen wäre. Das entsprechende Täterprofil anonym, Teil der Gesellschaft, plötzlich zuschlagend hier habe man keine Chance. Eine erhöhte Anschlagsgefahr in Österreich ortet Tophoven derzeit nicht. Österreich sei nicht im Visier von Terroristen, sei bestenfalls ein Ruheraum. Dennoch könnte der Plan Österreichs österreichische Soldaten als UN-Beobachter in Kabul zu stationieren, auch Grund für einen möglichen Anschlag sein. Auch die deutschen Soldaten in Afghanistan.