ÖVP und Wirtschaft strikt gegen Faymann-Pläne -Leitl will nach 2016 einen großen Reform-Wurf.
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Bad Ischl. "Bis 2016 soll die vereinbarte Budgetkonsolidierung laufen, danach sollte es eine große Steuerreform geben, auch mit Investitionen in die Zukunft, beispielsweise Bildung. Den jetzigen Plan von Kanzler Faymann mit 1. Jänner 2015 halte ich für unmöglich, da werden Erwartungen geweckt, die nicht zu erfüllen sind", sagte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl zu den Plänen von Bundeskanzler Werner Faymann. Leitl berät in Bad Ischl gerade Zukunftsfragen mit den anderen Sozialpartnern Arbeiterkammer und Landwirtschaftskammer.
SPÖ-Modell sieht Volumen von 3,5 Milliarden vor
Die SPÖ hatte vorgeschlagen, den Eingangssteuersatz der Lohn- und Einkommensteuer von derzeit 36 auf 25 Prozent zu senken. Um die Steuerkurve zu verflachen, sollte ab einem Jahreseinkommen ab 35.000 Euro ein neuer Steuersatz in Höhe von 45 Prozent eingezogen werden. Das Modell würde vor allem niedrige Einkommen entlasten, das Volumen liegt bei etwa 3,5 Milliarden Euro.
Als Gegenfinanzierung will die SPÖ bei der Verwaltung sparen, Vermögen über einer Million besteuern und den Steuerbetrug bekämpfen. Leitl - ganz auf Linie der ÖVP - lehnt vermögensbezogene Steuern rundheraus ab. ÖVP-Obmann Michael Spindelegger nannte den Vorstoß ein "Wahlzuckerl" und "faules Ei", Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner vermutet, dass die SPÖ damit kurz vor dem Wahltermin "noch Meter machen will". Kein ganz abwegiger Gedanke, wie auch hochrangige SPÖ-Vertreter zugeben. Dass der Faymann-Vorstoß, platziert in der "Kronen Zeitung" just am Tag der TV-Konfrontation mit FPÖ-Chef Heinz Christian Strache lanciert wurde, sei kein Zufall, räumen SPÖ-Politiker ein.
Die Finanzierung der Steuerentlastung für niedrige Verdiener sei aber seriös, betonte SPÖ-Staatssekretär Andreas Schieder, was auch Wirtschaftsforscher bestätigen. Der Chef des ÖVP-Wirtschaftsbundes, Christoph Leitl, wünscht sich ebenfalls eine Entlastung, die soll aber von anderer Seite kommen.
Leitl: Kleine Einkommen von SV-Beträgen befreien
Leitl kann sich vorstellen, dass Einkommen unter der Steuergrenze (11.000 Euro jährlich) von allen Lohnnebenkosten - inklusive Sozialversicherung - befreit werden. Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm sagte dazu: "Die Sozialversicherung ist eine Versicherung, und eben keine Leistung des Staates, ich halte das für keine gute Idee. Außerdem würde es den Niedriglohnsektor für Arbeitgeber attraktiver machen, und das wäre volkswirtschaftlich schädlich." Leitl repliziert: "Es gibt in dem Bereich einen Bedarf, und wir sollten auch hier Jobs schaffen helfen. Das ist besser als keine Jobs." Allerdings sind auch die Sozialversicherungen eher ablehnend, da Budgetprobleme einfach an sie abgewälzt werden würden.
In der Sozialpartnerschaft gibt es insgesamt die Tendenz, mit einer Steuerreform noch etwas zu warten, und dann ein größeres Volumen - die Rede in Bad Ischl ist von sechs Milliarden Euro - zu bewegen. Und in einer solchen Steuerreform - da sind sich Arbeiter- und Wirtschaftskammer einig - sollten sich zusätzliche Investitionen in Bildung befinden.
Bis 2016 läuft der sogenannte Konsolidierungspfad, der mit einem ausgeglichenen Budget endet. Das sei machbar, bestätigen Wirtschaftsforscher, wenn die Konjunktur nicht erneut abstürzt. Es ist trotz Hypo Alpe Adria machbar, da diese Belastungen bis 2016 zwar die Staatsschuld erhöhen werden, aber danach nicht mehr im Budget als Defizit schlagend werden. Arbeiterkammer-Direktor Muhm: "Und eines muss klar sein. Die niedrigen Einkommen dürfen wegen der Problembanken nicht zum Handkuss kommen. Die Bankenabgabe soll dies finanzieren." An der Finanztransaktionssteuer hält die SPÖ auch fest.
Die Entlastung des Mittelstandes ist allen Parteien ein Thema. Wie und wann - daran scheiden sich die Geister. Vermutlich auch nach dem 29. September, dem Tag der Nationalratswahl.