Angeklagte sehen sich als ahnungslose Opfer einer Täuschung.|
Ex-Bawag-Boss stößt erst später zum Prozess.
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Wien. Es hatte etwas von Klassentreffen, als am Dienstag am Wiener Straflandesgericht die Neuauflage des Bawag-Prozesses begann. Viele Gesichter kannte man schon aus der ersten Verhandlung: Die Angeklagten, die Staatsanwältin, die Journalisten, sogar die Kiebitze waren großteils die selben, die man während der 117 Verhandlungstage zwischen Juli 2007 und Juli 2008 gesehen hatte. Manch einer sprach von einer Art Familientreffen - sehr zum Unmut von Carl Eschlböck, Anwalt von Ex-Bawag-Vorstand Peter Nakowitz. "Strafjustiz hat nichts Familiäres", sei kein Spiel, schließlich habe sein Klient eine empfindliche Haftstrafe aufgebrummt bekommen.
Nakowitz hatte erstinstanzlich vier Jahre Haft ausgefasst - es war nach den letztlich zehn Jahren für Ex-Bawag-Boss Helmut Elsner und den fünf Jahren für dessen Nachfolger Johann Zwettler (beide sind aus gesundheitlichen Gründen haftunfähig) die höchste Strafe, die die damalige Richterin Claudia Bandion-Ortner ausgesprochen hatte. Allerdings hat der Oberste Gerichtshof im Dezember 2010 das Urteil gegen Nakowitz kassiert, während jene gegen Elsner und Zwettler rechtskräftig wurden.
Während für Zwettler die Sache endgültig erledigt ist, heißt es für Nakowitz, den früheren Bawag-Aufsichtsratschef Günter Weninger, die ehemaligen Bankvorstände Christian Büttner, Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker, den Wirtschaftsprüfer Robert Reiter und auch den Investmentbanker Wolfgang Flöttl nach dem OGH-Spruch zurück an den Start. Auch Elsner wird ab kommender Woche auf der Anklagebank Platz nehmen, allerdings nur als Subsidiarangeklagter. Die Bawag will von ihm die Pensionsabfindung zurückholen. Ob er tatsächlich kommen wird, ist aber unklar. Derzeit befindet er sich wegen des Verdachts auf Tuberkulose im Krankenhaus.
Staatsanwältin brav, aber ohne Begeisterung
Weil bei Elsner keine zusätzliche Haftstrafe mehr möglich ist, hat die Staatsanwaltschaft auf eine weitere Strafverfolgung im Fall der bei ihm und Zwettler aufgehobenen Anklagepunkte verzichtet. Eigentlich hätte Staatsanwältin Sonja Herbst die Sache überhaupt auf sich beruhen lassen wollen. Auf Geheiß der Oberstaatsanwaltschaft muss sie nun aber Bawag II durchziehen.
Das tut sie pflichtbewusst, aber offensichtlich ohne Begeisterung. Jedenfalls war davon bei ihrem Eröffnungsplädoyer nichts zu spüren. Dabei räumte Herbst ein, dass im ersten Verfahren Fehler gemacht wurden, die es nun zu korrigieren gelte. Der OGH habe formale Fehler festgestellt, der Sachverhalt selbst sei jedoch klar. Und der Vorwurf lautet nach wie vor: Untreue gegenüber der Bank.
Allerdings geht es nicht mehr um jene 1,2 Milliarden Euro Schaden, die der OGH im Falle Elsners festgestellt hat, sondern um insgesamt vier Kredite (Hapenny, Ophelia, Capper und Unibonds) an Flöttl im Volumen von 750 Millionen Euro.
Zur Erinnerung: Flöttl, Sohn des verstorbenen Ex-Bawag-Chefs Walter Flöttl, hatte in den 90er Jahren für die Bawag (zunächst erfolgreich) spekuliert. Dann folgten Verluste und im Oktober 1998 waren 639 Millionen Euro weg. In der Folge warf die Bawag Flöttl immer mehr Geld hinterher in der Hoffnung, die Verluste auszugleichen. Ohne Erfolg. Am Ende fehlten 1,2 Milliarden.
Flöttls Anwalt Herbert Eichenseder betonte in seinem Plädoyer, dass die Gelder tatsächlich verspekuliert wurden und nicht - wie von Elsner stets behauptet wird - von Flöttl beiseite geschafft wurden. Bezüglich des Untreuevorwurfs betonten Flöttls Anwälte, dass dieser nicht wissen konnte, dass ihm die Gelder vom Bawag-Vorstand unrechtmäßig überwiesen wurden.
Unterschiedliche Verteidigungsstrategien verfolgten indes die Verteidiger der ehemaligen Bankvorstände. Während Carl Eschlböck Peter Nakowitz als pflichtbewussten Angestellten präsentierte ("Wenn mir mein Chef etwas anschafft, dann muss ich das machen."), dessen Existenz durch die Justiz ruiniert worden sei ("eine Schande der Justizgeschichte"), stellten sich sowohl Ex-Aufsichtsratspräsident Weninger, als auch die "kleinen Vorstände" Büttner, Kreuch und Schwarzecker als unschuldige Statisten einer Elsner-Show dar. Selbst im OGH-Urteil sei festgehalten, dass ihre Zustimmung zu den Krediten "durch Täuschung erschlichen" worden sei. Schuld seien die in der Bawag äußerst mächtigen Generaldirektoren Elsner und später Zwettler gewesen.
Nach nur drei Stunden vertagte Richter Christian Böhm die auf 20 Tage angesetzte Verhandlung. Heute, Donnerstag, steht noch das Plädoyer von Wirtschaftsprüfer Robert Reiter auf dem Programm, bevor dann das neue Beweisverfahren startet.