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Alle Steuerzahler sollen profitieren

Von Brigitte Pechar

Politik

Ursprünglich wollten die Koalitionspartner noch am Montag eine Einigung in Verhandlungen bis in den Abend über die seit Monaten schwierigste Frage, die Steuerreform 2000, erzielen. Aber am | Nachmittag hieß es, daß die Verhandlungen durchaus noch bis über das nächste Wochenende dauern könnten, denn gestern haben ÖGB, Wirtschaft und Bauern neue Wünsche vorgebracht, die nun auch noch | berücksichtigt werden sollen.


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Für Finanzminister Rudolf Edlinger stand immer außer Zweifel, daß das Volumen der Steuerreform nicht mehr als 30 Mrd. Schilling ausmachen darf, 12 Mrd. Schilling davon sind für bereits

beschlossene familienpolitische Maßnahmen vergeben, bleiben 18 Mrd. Schilling, von denen etwa 16 Mrd. Schilling auf alle Steuerzahler aufgeteilt werden sollen. Mit welchem Schlüssel, darüber soll nun

ein Kompromiß zwischen dem SPÖ-Modell, das eine Anhebung des allgemeinen Absetzbetrages um 4.000 Schilling vorsah und dem ÖVP-Modell, das eine Senkung der Steuersätze um je zwei Prozent vorgab,

gefunden werden. Die Gewerkschaft fordert eine minimale Entlastung für alle Steuerzahler von mindestens 4.000 Schilling pro Jahr. Der Finanzminister kann sich für jene Einkommensbezieher, die derzeit

keine Steuer zahlen, auch eine Negativsteuer vorstellen.

Die Tarifreform ist der strittigste Punkt der Steuerreform. Zwischen den beiden Kompromißvarianten von SPÖ und ÖVP klafft derzeit noch ein Ein-Milliarden-Schilling-Loch. Mit einem Abschluß noch am

Montag rechnete gestern niemand mehr. Ob es noch vor dem ursrünglich angepeilten Ziel (Abschluß vor dem EU-Gipfel, der am Mittwoch in Berlin beginnt) eine Einigung gibt, ist derzeit auch höchst

unsicher. Insider rechnen mit einem intensiven Arbeitswochenende.

Unumstritten sind die bereits bei der Regierungsklausur beschlossenen Zuckerl für die Wirtschaft: Steuerliche Anreize soll es für die gesamte Zeit der Lehrlingsausbildung geben, ebenso

Steuerabschreibungsmöglichkeiten sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber für Ausbildungsmaßnahmen, Steuererleichterungen bei Betriebsübergaben sind ebenso fix wie der Forschungsfreibetrag.

Die neuerlichen Forderungen aus Landwirtschaft, Wirtschaft und Gewerkschaft standen gestern ebenfalls zur Diskussion. So verlangen die Bauern eine höhere Vorsteuerpauschalierung und die Erlaubnis,

das steuerbegünstigte Heizöl statt Diesel zu tanken und eine höhere steuerliche Subventionierung von beigenmischtem Biosprit zum Dieseltreibstoff. Die Wirtschaftsvertreter forderten eine

steuerbegünstigte fiktive Eigenkapitalverzinsung.

Für all das müssen nun Gegenfinanzierungen gefunden werden. Dabei bleibt die Aktiengewinnbesteuerung weiterhin ein Thema. Wobei es dafür auch Varianten gibt, etwa eine Verlängerung der derzeitigen

einjährigen Spekulationsfrist auf zwei Jahre und eine Endbesteuerung von 25 Prozent. Wenn aber gleichzeitig die 0,8prozentige Börsenumsatzsteuer abgeschafft würde, bliebe der fiskalische Effekt aber

negativ. Einschränkungen könnte es auch bei Verlustbeteiligungen geben: Geltend gemacht werden könnte demnach nur noch die Höhe des tatsächlich eingebrachten Kapitals in eine Gesellschaft. Eine

weitere Gegenfinanzierungsmöglichkeit wäre die Änderung der Abschreibung für Abnützung, etwa von einem halben Jahr auf ein Monat.

Bei den Lohnnebenkosten sehen Insider nur die Möglichkeit, beim Familienlastenausgleichsfonds Retouchen vorzunehmen. So etwa könnte die Bemessungsgrundlage für den FLAF-Beitrag verbreitert werden, um

den Tarif von 4,5 auf 4 Prozent senken zu können. Das bedeutet, daß zur Lohnsumme auch die Schuldzinsen als Bemessungsgrundlage genommen werden. Das bevorzugt Unternehmen, die keine Schuldzinsen

haben und mit Eigenmittel arbeiten, also Gewinne reinvestieren und nicht ausschütten und andererseits generell arbeitsintensive Betriebe. Das käme auch der ÖGB-Forderung nach Einführung einer

Wertschöpfungskomponente entgegen.

Mit der Frage, was mit den FLAF-Überschüssen in Zukunft geschehen soll, wird sich erst die nächste Regierung auseinandersetzen. Denn die Einbeziehung der Karenzgelddebatte in die Steuerreform 2000

scheint endgültig vom Tisch.