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Alle Wahlen wieder: FPÖ entdeckt die EU-Sanktionen

Von Walter Hämmerle

Europaarchiv

Pünktlich zum Höhepunkt des EU-Wahlkampfes hat die FPÖ wieder einmal das Thema der EU-Sanktionen gegen Österreich für sich entdeckt. Im Rahmen eines rhetorischen Rundumschlags zum Wahlkampfauftakt der FP Kärnten forderte Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider für SPÖ-Spitzenkandidat Hannes Swoboda ob dessen Rolle während der Sanktionenzeit den Entzug des Wahlrechts. Allerdings blieb der Ex-FPÖ-Chef mit seinem Vorschlag weitgehend allein. Die Schlagzeilen | waren ihm aber dennoch sicher.


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Swoboda hätte im Zusammenhang mit den EU-Sanktionen gegen Österreich und wegen seine Rolle bei der Waldheim-Affäre "Landesverrat" betrieben, polterte der Landeshauptmann am Dienstagabend in Klagenfurt. Was liegt da näher, als ihm sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht zu entziehen, so die Schlussfolgerung Haiders. "Jedem normal sterblichen Kriminellen wird bei einem schweren Verstoß gegen die Verfassung das Wahlrecht entzogen, und Landesverrat ist ein solch schweres Delikt."

Als Beleg präsentierte Haider einen Brief Swobodas vom 16. März 2000 an alle EU-Abgeordneten. Darin bedankt er sich für die "vielen Zeichen der Freundschaft und der Solidarität" und zeigte Verständnis dafür, dass die "übrigen EU-Regierungen" angesichts der FPÖ-Regierungsbeteiligung "reagieren mussten" .

Swoboda war aber nicht das einizige Opfer des Haider'schen Rundumschlags. Neben Brüssel im Allgemeinen, kamen insbesondere auch Agrarkommissar Franz Fischler, die ÖVP und Hans-Peter Martin vor die rhetorische Flinte des Landeshauptmannes. Selbst die Irak-Politik der USA und Israels Vorgehen in Nahost wurden heftigst gescholten.

Swoboda reagiert gelassen

Für Swoboda handelt es sich bei dem Brief um eine "vehemente Verteidigung Österreichs", es gehe mit keinem Wort um die Sanktionen. Er sieht Haiders Angriffe als "persönliche Gemeinheiten" und will sich nicht auf dieses Niveau begeben. Swoboda verwies auf eine andere Passage, in der er appelliert, "die Kontakte mit Österreich und seiner Bevölkerung nicht zu vermindern oder gar abzubrechen".

Die Forderung Haiders ging aber offensichtlich auch vielen in der FPÖ zu weit. Klubobmann Herbert Scheibner meinte, es habe sich um eine "rhetorisch Meldung" Haiders gehandelt. Eine Aberkennung des Wahlrechts wäre "rechtlich nicht möglich". Staatssekretärin und Haider-Schwester Ursula Haubner wollte zu dem Thema gar nichts sagen. Am weitesten ging noch FPÖ-Chef Herbert Haupt in seiner Unterstützung: "Moralisch" habe Swoboda "auf jeden Fall den Tatbestand des Landesverrates erfüllt", ob das auch gesetzlich der Fall sei, müsse der Rechtsstaat entscheiden.

Kritik an Haider kam daggegen von den anderen wahlwerbenden Parteien. Für die ÖVP stellte Generalsekretär Reinhold Lopatka klar, dass "das frei gewählte Mandat nicht zur Diskussion" gestellt werden dürfe. Ganz ungeschoren wollte aber auch die Volkspartei Swoboda nicht davon kommen lassen: ÖVP-Spitzenkandidatin Ursula Stenzel warf ihm vor, "Lügen" zu verbreiten, und für den EU-Abgeordneten Hubert Pirker war Swobodas Haltung während der EU-Sanktionen "beschämend".

Keinerlei Verständnis für diese Kritik am SPÖ-Spitzenkandidaten zeigte Johannes Voggenhuber. Der Spitzenkandidat der Grünen bezeichnete die Äußerungen Haiders als "blankem Unsinn" und einen "massiven Anschlag auf die Grund- und Bürgerrechte".

Der von Haider als "Betrüger" und "roter Nehmer" beschimpfte Hans-Peter Martin verkündete: "Mein Rechtsanwalt ist eingeschaltet". Die Liste "Linke" zeigte sich nur mehr verwundert über den Wahlkampf: Es müsse doch "um mehr als Aktenordner mit Tankbelegen, Profilneurosen und gekränkte Eitelkeit gehen".