Die ÖVP beendet am Sonntag ihre Suche nach einem geeigneten Kandidaten für die Bundespräsidentschaftswahl im April.
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Wien. Die Hinweise verdichten sich: Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (69) wird wohl am Sonntagabend vom ÖVP-Parteivorstand als Kandidat für das höchste Amt im Staat vorgeschlagen werden. Am Montag soll die Bundesparteileitung eine endgültige Entscheidung treffen.
Zuletzt hat am Dreikönigstag der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer seinem niederösterreichischen Kollegen das Insignum "geeigneter Staatsmann" verliehen. Zuvor hatten sich die ÖVP-Landeshauptleute von Oberösterreich und Salzburg, Josef Pühringer und Wilfried Haslauer, überzeugt davon gezeigt, dass Pröll ein geeigneter Bundespräsident wäre - sollte er im April zur Wahl antreten und gewinnen. Und ÖVP-Seniorenbundobmann Andreas Khol, der mit Pröll nicht immer einer Meinung war, sagte im "Kurier": "Die Partei liegt ihm zu Füßen, wenn er es macht. Ich hoffe, dass er antritt."
Ein Besuch von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner heute, Donnerstag, in St. Pölten heizt nun die Spekulation um eine mögliche Präsidentschaftskandidatur Prölls weiter an. Der Termin im Landtagsklub der Volkspartei Niederösterreich sei schon "länger vereinbart", so der Klub.
SPÖ lässt sich bis15. Jänner Zeit
Während also die ÖVP am Wochenende die Weichen stellt, wird die SPÖ erst am 15. Jänner einen Beschluss zur Bundespräsidentschaftswahl fassen. Zwar geht man allgemein von einer Kandidatur des derzeitigen Sozialministers Rudolf Hundstorfer (64) aus, aber so ganz scheint dessen Herz noch nicht an der Hofburg zu hängen.
Die FPÖ könnte einen Tag später - bei ihrem Neujahrstreffen am 16. Jänner in Wels - ihrerseits einen Kandidaten ins Rennen schickt. Norbert Hofer, aktuell Dritter Nationalratspräsident, befindet sich mit seinen 44 Jahren dafür noch als "zu jung". Er hätte aber zwei Kandidaten im Angebot: den derzeitigen Rechnungshofpräsidenten Josef Moser (60), dessen Amtszeit heuer ausläuft und laut Gesetzeslage nicht mehr verlängert werden darf, sowie Ursula Stenzel (70), die als vormalige ÖVP-Bezirkschefin der Wiener Innenstadt bei der jüngsten Gemeinderatswahl für die FPÖ angetreten - und gescheitert - ist.
Spätestens zu seinem 72. Geburtstag am 18. Jänner dürfte auch Alexander Van der Bellen aus der Deckung kommen und sein Antreten als grüner Kandidat verkünden.
Die frühere Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Irmgard Griss (69), ist da schon weiter und müht sich bereits um eine Finanzierung ihres Wahlkampfes. Sie will ja keinerlei Geld einer Partei dafür annehmen und vertraut auf Crowdfunding. Auch die Teamsuche ist bei ihr noch in vollem Gang. Und obwohl sie finanziell von keiner Partei abhängig sein will, würde sie jederzeit Wahlempfehlungen für sie von Parteien annehmen - auch von der FPÖ. Die Neos, die mit einem Treffen am 18. Jänner ins Neue Jahr starten, stellen definitiv keinen eigenen Bundespräsidentschaftskandidaten auf, können sich aber eine offizielle Unterstützung für Griss vorstellen. Das Team Stronach verzichtet ebenfalls auf einen Kandidaten.
Es werden also mindestens vier, wenn nicht gar sechs Kandidaten im April für das höchste Amt im Staat kandidieren. Der scheidende Bundespräsident Heinz Fischer hat deshalb bereits zu einem Fairness-Abkommen geraten. Er habe damals in der Auseinandersetzung mit Benita Ferrero-Waldner (ÖVP) auch ein solches abgeschlossen, obwohl sie "beide keine Raubeine waren".
Rochaden in der Bundesregierung nötig
Fischer jedenfalls hat seine gesamte Amtszeit hindurch den APA/OGM-Vertrauensindex unangefochten angeführt. Im März 2006 genoss er sogar das höchste je gemessene Vertrauen mit 86 Punkten netto. Seit seiner Wiederwahl 2010 pendelten sich seine Werte um die 50 ein - weit vor allen anderen Bundespolitikern.
Sollte Pröll sein nunmehriges Machtzentrum St. Pölten aufgeben und in den Wahlkampf ziehen, würde der Landeshauptmannsessel des größten Bundeslandes frei. Pröll könnte aber auch im Wahlkampf Landeshauptmann bleiben und abwarten, ob er tatsächlich gewinnt.
Ferrero-Waldner trat 2004 gegen Fischer als amtierende Außenministerin an und blieb dies auch bis nach der Wahl - bis sie noch im selben Jahr EU-Kommissarin für Außenbeziehungen und europäische Nachbarschaftspolitik wurde. Auch Hundstorfer müsste im Fall einer Kandidatur das Ressort nicht verlassen. Tatsächlich wird für den Sozialminister der Jahresanfang arbeitsintensiv, muss er doch Ende Februar mit der ÖVP eine weitere Pensionsreform vereinbaren - wiewohl er selbst keine großen Finanzierungsprobleme für das Pensionssystem verortet. Als Nachfolgekandidatin für ihn wird häufig Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser genannt. Sie könnte aber von der SPÖ statt Hundstorfer auch selbst als Bundespräsidentschaftskandidatin ins Rennen geschickt werden.
Eine Regierungsumbildung könnte also nötig werden, auch im ÖVP-Regierungsteam. Sollte Johanna Mikl-Leitner, die aus Prölls engstem Zirkel kommt, statt des Landeshauptmanns nach Niederösterreich zurückgehen, würde das Innenministerium frei. Dafür hat zuletzt Burgenlands Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil Interesse angemeldet. Er ist allerdings Sozialdemokrat, was eine größere Rochade notwendig machen würde. Möglich wäre auch, dass Mikl-Leitner bleibt und die Niederösterreicher jemanden als Pröll-Nachfolger nominieren, der bisher nicht zum engsten Kreis zählte und somit eine Frischzellenkur sowohl für die Partei als auch für das Land sein könnte.