Gehandelt wird mit gutem Gewissen - Geld ist tabu. | Flyer drucken, Shampoo schenken, Werbeträger werden. | Wien. "Gleich ertönt wieder der Gong", sagt der Mann mit dem Mikro. "Denken Sie daran, die zehn Minuten neigen sich zu Ende. Ich lade Sie dazu ein, jetzt die Vereinbarungen abzuschließen und einen neuen Partner zu suchen. Plaudern kann man auch nachher." Jetzt gehe es vor allem darum, Geschäfte abzuschließen. "Ja, wie verbleiben wir jetzt?", fragt Gabriele Thomes von der Schwangerschaftsberatungsstelle "Aktion Leben" die zwei Damen aus der Presseabteilung der Erste Bank. "Wir werden ein paar Telefonate führen und schauen, ob wir was machen können."
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Frau Thomes sucht vor allem einen Platz für den Charity-Punschstand ihrer Organisation. Im Gegenzug dafür bietet sie Vorträge über Verhütung für die Lehrlinge oder Werbung auf der Homepage. Als Nächstes kommen zwei Frauen von dem Verein "Gemeinsam gegen Landminen" zum Tisch der Erste Bank. Sie stellen ihr Projekt vor, die Bank zögert: "Die meisten Aktionen, die wir betreuen, sind halt in Regionen, in denen die Erste Bank tätig ist" - und diese decken sich nicht mit den Gebieten, die vermint sind. Man einigt sich, dass der Verein einmal im internen Newsletter der Bank als Spendemöglichkeit angegeben wird.
Die Veranstaltung "Speeddating - Marktplatz für Gute Geschäfte" ist vergangene Woche zum vierten Mal in Österreich über die Bühne gegangen und fand zum zweiten Mal unter der Ägide der NGOs Fundraising Verband Austria und RespACT statt. Ziel dieser speziellen Speeddating-Idee, die in der Form aus Holland stammt, ist es, Unternehmen und karitative Organisationen zusammenzubringen - um Berührungsängste zu verlieren, Visitenkarten auszutauschen und gemeinsame Projekte zu finden. Bei der Veranstaltung selbst, die dieses Jahr im Rathaus stattgefunden hat, darf mit allem gehandelt werden - nur Geld ist ein Tabu. Der Verein Pro Juventute für Kinder, die nicht bei ihren Eltern leben können, bekommt etwa vom Konsumgüterhersteller Henkel Hygieneartikel und Putzmittel zur Verfügung gestellt. Was kann der Pro-Juventute-Sprecher dafür anbieten? Pädagogik-Seminare, Pakete für einen Eishockey-Charity-Event am Rathausplatz oder Henkel-Sticker auf die Pro-Juventute-Flotte. "Die Seminare und die Autopickerl interessieren mich. Charity ist nicht so meins", sagt Michael Sgiarovello von Henkel Austria. Man macht sich aus, in den nächsten Tagen noch einmal telefonisch in Kontakt zu treten, um Genaueres zu vereinbaren.
Die Pressedame der Generali Versicherung hat der Aktion Leben schon zugesichert, Flyer mit den hauseigenen Maschinen drucken zu lassen, für den Verein Volkshilfe werden künftig Presseaussendungen gemacht werden.
Die meisten Vertreter der Unternehmen kommen aus der Öffentlichkeitsabteilung oder dem Personalmanagement. Nur einige große Unternehmen haben schon eigene Beauftragte für CSR - Corporate Social Responsibility. So wie Günter Horniak, zuständig für das soziale Engagement bei der Bawag. Die Bank hat im vergangenen Jahr selbst den Raum für den Marktplatz zur Verfügung gestellt. "Wir haben vor drei Jahren eine Kooperation mit den Roten Nasen abgeschlossen, die noch immer läuft", erzählt Horniak. "Und 2009 haben wir für unsere Mitarbeiter einen Voluntary Day in der Gruft abgehalten."
Bawag-Mitarbeiter sind in die Gruft marschiert
Die Freiwilligen-Arbeit ist in den USA bei großen Firmen inzwischen Standard, in Österreich waren die Mitarbeiter der Bawag, die in den Wiener Zufluchtsort für Obdachlose marschiert sind und dort gekocht haben, Pioniere. "Das Interesse in der Bank war groß, leider hatten wir nur Platz für 12 Leute, den Rest mussten wir vertrösten."
Aufgrund des großen Interesses werden heuer noch weitere Veranstaltungen in den Bundesländern stattfinden. Am 4. Mai in Nicklasdorf (Steiermark) und am 22. Juni in Linz. Salzburg ist im Gespräch, aber noch nicht fixiert.