Die SPÖ trug Kurt Steyrer allein zu Grabe, Waldheim vereinte Rot und Schwarz zumindest an seinem Sarg. | Wahre Freundschaft zeigt sich oft im Tod - und umgekehrt. In der Politik ist das nicht viel anders als im sonstigen Leben auch. Begräbnisfeierlichkeiten sind daher wahrscheinlich ein sehr viel verlässlicherer Gradmesser für den Temperaturstand des politischen Klimas als das tagtägliche Hickhack.
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Am Mittwoch beispielsweise glänzte die schwarze Reichshälfte durch vollkommene Abwesenheit, als ihr linkes Pendant ihren ehemaligen Gesundheitsminister und gescheiterten Präsidentschaftskandidaten von 1986, Kurt Steyrer, zu Grabe trug. Und offensichtlich hat nicht einmal die ausgerufene Normalisierung des rot-blauen Verhältnisses das freiheitliche Lager dazu bewegen können, einen Repräsentanten für den letzten Gang Kurt Steyrers - der war immerhin Gesundheitsminister in der bisher einzigen rot-blauen Regierung 1983 bis 1986 - zu entsenden.
Kurt Waldheim, Steyrers Widersacher im Wahlkampf 1986, wurde im Rahmen eines, wenn auch kleinen, Staatsbegräbnisses zur letzten Ruhe gebettet. Der Bundespräsident und mit ihm fast die gesamte rot-schwarze Regierung erwiesen ihm die letzte Ehre.
Ein toter Bundespräsident ist eben doch ein anderes Kaliber. Auch Waldheims Nachfolger Thomas Klestil wurde mit allem Pomp der Republik 2004 feierlich beerdigt. Wie hätte wohl Waldheims Begräbnis ausgesehen, wenn er die Wahl 1986 verloren hätte?
Ebenfalls auf parteiübergreifende Anteilnahme stieß der plötzliche Tod von Innenministerin Liese Prokop zu Silvester 2006. Zu diesem Anlass benahm sich lediglich der Obmann von Asyl in Not daneben. Er hatte ihr Ableben als "gute Meldung zum Jahresbeginn" bezeichnet.
Unter sich blieb wiederum die ÖVP beim Abschied von Herbert Braunsteiner im Juli vergangenen Jahres. Braunsteiner war das letzte noch lebende Gründungsmitglied der Volkspartei aus dem Jahr 1945 - und stand damit wohl auch im weiteren Sinne an der Wiege der Zweiten Republik.
Beim Begräbnis des im Mai 2006 verstorbenen ehemaligen Wiener Bürgermeisters, Außenministers und Nationalratspräsidenten Leopold Gratz (SPÖ) hielt immerhin Wiens ÖVP-Chef Johannes Hahn die schwarze Fahne hoch.
Zu einem kleinen Eklat kam es im Rahmen der Vorbereitungen für das Begräbnis des Kärntner Alt-Landeshauptmannes Hans Sima. Die Familie des ehemaligen roten Landesfürsten lehnte eine Teilnahme seines orangen Nachfolgers Jörg Haider brüsk ab - und wünschte sich ein SPÖ-Mitglied der Landesregierung als offizielle Vertretung Kärntens.
Schade, dass es nicht zum guten Ton gehört, dass jede Parlamentspartei, die etwas auf sich hält, einen Vertreter entsendet, wenn die anderen einen der ihren zu Grabe tragen. In einem Land, das so viel auf seine Begräbniskultur - Stichwort schene Leich - gibt, sollte das kein zu großes Opfer sein.