In der Affäre um die Vergabe der Fußball-WM an Katar durchlebt eine Whistleblowerin ein Martyrium.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Ich werde für den Rest meines Lebens über meine Schulter blicken müssen." Die Angst ist ein ständiger Begleiter von Phaedra al-Majid. Schuld daran ist die Fußball-WM. Genauer gesagt, die Vergabe ihrer Ausrichtung im Jahr 2022 an das Emirat Katar. Dabei soll es nämlich nicht ganz sauber zugegangen sein. Al-Majid legte davon Zeugnis ab und brachte damit etwas ins Rollen, das nicht nur zu einer der größten Affären in der Geschichte der Fifa wurde, sondern auch ihr Leben auf immer verändern sollte. Auch wenn sie sich sicher ist, im Recht zu sein, waren die Waffen von Anfang an ungleich verteilt. Und so sagt sie selbst: "Ich bin eine alleinerziehende Mutter, die gegen das reichste Land der Welt und die reichste Sportorganisation der Welt kämpft."
Das Schicksal nahm im Jahr 2010 seinen Lauf. Katar hatte soeben den Zuschlag für die WM bekommen und al-Majid hatte dafür als Chefin der internationalen Presseabteilung gearbeitet. Nach dem Erfolg gab sie Ermittlern einen Wink, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Katars Erfolg sei mit Erpressungen und Bestechungsgeldern erkauft worden. Diese Anschuldigungen wollte Katar nicht auf sich sitzen lassen und drohte al-Majid. Da sie gegen die Verschwiegenheitsklausel in ihrem Vertrag verstoßen habe, werde man sie auf eine Million Dollar klagen. Da die Klage offenbar erfolgversprechend war und sie ruiniert hätte, sah al-Majid nur noch eine Option: den Rückzug. Sie widerrief ihre Vorwürfe in einer eidesstattlichen Erklärung.
Sie fühlte sich alleingelassen und hatte mit der Sache eigentlich schon abgeschlossen, als es eines Tages an ihrer Tür klopfte. Zu ihrer großen Überraschung standen da drei FBI-Agenten. Sie hatten die gegen al-Majid gerichteten Drohungen mitbekommen und boten nun die Hilfe des US-Inlandsgeheimdiensts an. In der Folge kooperierte sie - unter Zusicherung der Wahrung ihrer Anonymität - mit Fifa-Chefermittler Michael Garcia und konnte mit Hilfe einer Tonbandaufnahme des FBI auch nachweisen, dass sie zur Rücknahme ihrer Aussage genötigt worden war. Der Fall wurde genauer unter die Lupe genommen, und alles schien sich für sie zum Guten zu werden.
Doch dann kam die Stunde der Wahrheit. Der Schlussreport des Fifa-Richters sprach nicht nur Katar und die Fifa vom Vorwurf frei, die WM unsauber vergeben zu haben. Zu al-Majids Entsetzen gab er in seinem Bericht auch noch entgegen allen Vereinbarungen ihre Identität preis. Ganz nebenbei habe er entscheidende Aussagen einfach unter den Tisch fallen lassen. Das FBI will sich zwar nicht zufrieden geben und weiter ermitteln, doch für al-Majid sind in diesem Spiel um schmutzige Politik im Sport Angst und Einschüchterungen zurückgekehrt.