Fast schon jeder Zweite leidet daran. | Das könnte bald schon im Vorfeld verhindert werden. | Homburg. Einen bisher unbekannten Mechanismus, der bei der Auslösung von Allergien und allergischen Reaktionen eine entscheidende Rolle spielt, haben Forscher des deutschen Instituts für Pharmakologie in Homburg zusammen mit Kollegen des Instituts für Physiologie der Universität Leuven in Belgien identifiziert. Die Wissenschaftler um Dr. Rudi Vennekens, Professor Veit Flockerzi und Professor Marc Freichel konnten zeigen, dass ein Ionenkanal, der als TRPM4 bezeichnet wird, die Bereitschaft des Körpers erhöhen kann, auf Allergene mit Niesen, Heuschnupfen und Hautausschlag bis hin zu akut lebensbedrohlichen Symptomen zu reagieren.
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Die von den Wissenschaftlern in Homburg durchgeführten Experimente, die am 11. Februar 2007 in der führenden Wissenschaftszeitschrift "Nature Immunology" publiziert wurden, eröffnen die Möglichkeit, Aktivatoren des TRPM4-Ionenkanals als neue Arzneimittel zur Behandlung allergischer Erkrankungen zu entwickeln.
Bis zu 40 Prozent der Bevölkerung leiden mittlerweile an Allergien, also an Überempfindlichkeitsreaktionen des Körpers gegenüber körperfremden Substanzen wie Blütenpollen, Insektengifte oder Nahrungsbestandteile. Diese Stoffe aus der Umwelt werden von Gesunden problemlos toleriert, lösen aber bei Allergikern typische Reaktionen wie verstärktes Niesen, eine verstopfte Nase, das Laufen der Nase, das Jucken der Augen und Bindehautentzündungen bis hin zu lebensbedrohenden Atemstörungen aus.
Entzündungsauslöser
Bevor diese Symptome entstehen, binden die körperfremden, Allergie-auslösenden Substanzen oder Allergene an Abwehrmoleküle des Körpers, sogenannte IgE-Antikörper, die sich auf besonderen Immunzellen, den Mastzellen, befinden. Mastzellen reagieren daraufhin mit einer drastisch gesteigerten Freisetzung von Entzündungsstoffen, welche die genannten Symptome auslösen.
Die bisher zur Behandlung von Allergien eingesetzten Medikamente zielen darauf ab, die Wirkungen dieser Entzündungsstoffe abzumildern. Weit effektiver könnten solche Medikamente wirken, die von vorneherein der Freisetzung dieser Entzündungsstoffe entgegenwirken.
Hier nun setzen die Untersuchungen der Homburger Wissenschaftler an. Der von ihnen identifizierte Ionenkanal steuert die Freisetzung von Entzündungsstoffen aus den Mastzellen: Seine Hemmung fördert die Freisetzung, während seine Aktivierung die Freisetzung bremst. Entsprechend wären Substanzen, die den TRPM4-Ionenkanal aktivieren, vielversprechende Medikamente zur Behandlung von allergischen Krankheitssymptomen.
Genveränderungen
Auch die bei vielen Menschen vorhandene Bereitschaft, eine Allergie zu entwickeln, könnte auf diesen Ionenkanal bzw. Veränderung seines Gens zurückzuführen sein. Die Suche nach neuen Arzneimitteln, die TRPM4 aktivieren, hat bereits begonnen, ebenso werden genetische Untersuchungen von Allergikern durchgeführt, um herauszufinden, inwieweit deren Krankheit auf Veränderungen des TRPM4-Gens zurückzuführen ist.