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Allergisch auf Geschlechtshormone?

Von Rosemarie Kappler

Wissen
Häufig werden Frauen von Migräne heimgesucht. Foto: bb

Indizien sind Asthma, Migräne, Gelenksschmerzen. | Gelenksschmerzen. +++ Auslöser Östrogen und Progesteron.


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Göttingen. Wenn Frauen regelmäßig um den Zeitpunkt ihrer Monatsblutung von Asthmaanfällen und während der Menstruation von Migräne oder Gelenkschmerzen heimgesucht werden, kann dafür möglicherweise eine Allergie auf die körpereigenen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron die Ursache sein. Darauf weist Prof. Thomas Fuchs, Allergologe an der Universitäts-Hautklinik Göttingen und Vorstandsmitglied des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen hin.

Studien der jüngsten Zeit nähren diesen Verdacht. Sollte sich die Vermutung in weiteren Untersuchungen bestätigen, dann könnten laut Fuchs zukünftig "zyklusabhängige Beschwerden möglicherweise beim Allergologen hyposensibilisiert werden".

Gemeint ist damit eine Variante der spezifischen Immuntherapie, wie sie seit Jahren erfolgreich gegen Heuschnupfen und Hausstaubmilben-Allergien eingesetzt wird.

Bis in die jüngste Vergangenheit galt eine Allergie auf Geschlechtshormone als unwahrscheinlich. Die Moleküle seien zu klein, um eine Allergie auszulösen. Doch seit einiger Zeit sprechen immer mehr Indizien dafür, dass das Immunsystem sehr wohl allergisch auf Geschlechtshormone reagiert. So ist aus früheren Studien bekannt, dass weibliche Sexualhormone für die Entstehung von Asthma und Heuschnupfen eine Rolle spielen.

An der norwegischen Universität Bergen hat Cecilie Svanes deshalb einen möglichen Zusammenhang zwischen Allergien und unregelmäßigen Menstruationszyklen untersucht und dabei festgestellt, dass junge Frauen mit einer unregelmäßigen Periode wesentlich häufiger unter Asthma und Pollenallergien litten als junge Frauen mit einem geregelten Menstruationszyklus.

Um herauszufinden wie die Geschlechtshormone diese Symptome verursachen, nahm Richard Richardson von der Universität Texas 368 Frauen mit perimenstruellen Beschwerden Blut ab und fand darin sehr viel häufiger als bei den 302 Frauen der gesunden Kontrollgruppe ungewöhnlich hohe Antikörpermengen gegen Östrogen und Progesteron.

Erhöht waren insbesondere die Antikörper vom Typ IgG und IgM, die auf eine akute Reaktion der Abwehr hinweisen, sowie solche vom Typ IgE. "Erhöhte Werte von IgE-Antikörpern sind ein für Allergiker typischer Befund", erklärt der Experte Fuchs.

Aufgrund der von ihm durchgeführten Blutanalysen vermutet Richardson allerdings, dass die Immunreaktion erst dann stattfindet, wenn die Östrogen- und Progesteron-Moleküle an größere Eiweißmoleküle, sogenanntes Sexualhormonbindungsglobulin, angebunden haben.

Erst dann seien die Molekülkomplexe so groß, dass sie von Abwehrzellen erkannt werden. Zwar werden noch eine Reihe von Untersuchungen und Studien nötig sein, bis sich aus diesen Erkenntnissen eine Therapie ableiten lässt, doch vorsorglich rät Fuchs, bei Verdacht auf eine Allergie einen entsprechend ausgebildeten Arzt aufzusuchen.