Alles begann damit, dass die SPÖ nach dem Amtsantritt von Bundeskanzler Werner Faymann den zwar SPÖ-nahen, aber anfangs ungeliebten ORF-Chef Alexander Wrabetz loswerden wollte. Erst zierte sich die ÖVP, den SPÖ-Vorschlägen zur Reform der Gremien zuzustimmen (sie hätten den Einfluss der Länder beschnitten). Nun würde zwar die ÖVP wollen, aber die SPÖ, die sich mit Wrabetz arrangiert hat, will nicht.
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Das bedeutet für den ORF, dass nach fast zwei Jahren voll von Verunsicherung, Stillstand und öffentlicher Selbstbeschädigung der Protagonisten strukturell alles beim Alten bleibt. Das Gesetz wird vorerst nicht geändert, allein die von der EU verlangten (ohnehin eher kosmetischen) Korrekturen wird man innerhalb eines Jahres einflechten müssen. Mehr ist zwischen den Koalitionsparteien derzeit anscheinend einfach nicht drin.
Worum geht es den Parteien in dem Gezerre rund um die Gremien? So banal es klingt: Es geht letztlich darum, wer die Chefs in Österreichs wohl einflussreichstem Medienhaus stellt. Davon verspricht sich die Politik nichts anderes als Einfluss auf die mediale Berichterstattung.
Zuletzt hat dabei die SPÖ besonders genau nachgerechnet. Denn das noch aus der Zeit von Schwarz-Blau stammende derzeit gültige ORF-Gesetz verschafft der Kanzlerpartei nun besonders gute Karten im Spiel um die Macht am Küniglberg. Dabei stellte sich heraus, dass für die SPÖ eine knappe Mehrheit von einer Stimme im 2010 neu zu bestellenden ORF-Stiftungsrat drin ist. Vier Stimmen aus den roten Bundesländern, vier aus der Regierung, zwei aus den Parteien sowie zwei Betriebsräte machen zwölf. Kann man nun alle sechs Mandate aus dem Publikumsrat gewinnen, hat man 18 von 35 Stimmen und kann den ORF-Chef im Alleingang bestimmen, ohne auf ÖVP-Stimmen angewiesen zu sein.
Insoferne erklärt sich das Zögern der SPÖ, die Direktwahl der sechs Publikumsratsmandate abzuschaffen. Bei den bisherigen zwei Wahlen gingen alle Mandate an die SPÖ, die sich einfach leichter tat, die wenigen Wähler zu mobilisieren, die sich die völlig undurchschaubare, komplizierte und zu allem Überfluss nicht einmal geheime Faxwahl antaten. Was als Feigenblatt der Demokratie unter Schwarz-Blau eingeführt wurde, droht nun also - und das an entscheidender Stelle - zum dritten Mal zum Boomerang für die ÖVP zu werden. Dass die ÖVP ihren Widerstand just zu dem Zeitpunkt aufgibt, da Richard Grasl als kaufmännischer Direktor fix ist, ist sicher Zufall.
Für den ORF ist die Nicht-Reform keine gute Lösung: Wieder herrscht Unklarheit, wann und inwieweit das Gesetz geändert wird. Die Unsicherheit, die jedwede Aktivität auf dem Küniglberg erschwert, wird damit prolongiert. Zwar hat man sich nun endlich zu einem Sparpaket durchgerungen und wird dafür mit der Gebührenrefundierung belohnt, aber Aufbruchsstimmung sieht anders aus.