Zum Hauptinhalt springen

Alles dreht sich um Robert Fico

Von Klaus Huhold

Politik

Wahlkampf in der Slowakei hatte ein Hauptthema: Ist man für oder gegen Fico?


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Bratislava/Wien. Die Arbeitslosigkeit, die immerhin bei 14,3 Prozent liegt? Ein Randthema. Die Lage der geschätzt 300.000 Roma, von denen viele unter elenden Bedingungen leben? Ebenfalls ein Randthema.

Der Präsidentschaftswahlkampf in der Slowakei drehte sich weniger um Inhalte als um eine Person: Robert Fico. Niemand polarisiert das Euro-Land wie der Mann, der bei Befragungen sowohl der populärste als auch der unbeliebteste Politiker ist. Und niemand hat die Politik der Slowakei in den vergangenen Jahren so geprägt wie der Sozialdemokrat, der von 2006 bis 2010 Premier war und das Amt seit 2012 wieder innehat. Fico hat im Laufe der Jahre viele Gesichter gezeigt: Populist, Pragmatiker, Proeuropäer. Nun will der 49-Jährige das Premiers- mit dem Präsidentenamt tauschen und tritt am Samstag zur Wahl an. Und im Wahlkampf ging es daher "hauptsächlich um die Person Fico, ob man für oder gegen ihn ist", berichtet der "Wiener Zeitung" der Bratislaver Politologe Martin Muransky.

Ein Millionär mischt mit

Die restlichen Kandidaten haben mehr oder weniger eine Front gegen Fico gebildet. So betonten etwa der Ex-Außenminister Milan Knazko sowie der Jurist Radoslav Prochazka, dass sie im zweiten Wahldurchgang - sofern sie diesen nicht selbst erreichen - jeden beliebigen Kandidaten gegen Fico unterstützen würden.

Umfragen sagen voraus, dass Fico beim Votum an diesem Samstag als Erster durchs Ziel gehen, die 50-Prozent-Marke aber verfehlen wird. Damit wird es in zwei Wochen eine Stichwahl geben. Die größten Chancen, diese zu erreichen, werden zwei Parteilosen eingeräumt: dem 41-jährigen Prochazka, der die christdemokratische KDH verlassen hat, und dem Millionär Andrej Kiska, der schon seit fast zwei Jahren Wahlkampf betreibt. Favorisiert für den zweiten Platz wird Kiska.

Der Autor eines Buches mit dem Titel "Nimm das Leben in die Hände" machte sein Vermögen mit der Vergabe von Krediten. Mittlerweile hat er laut Medien den Großteil seiner Anteile an Finanzierungsgesellschaften verkauft und tritt als Philanthrop auf. So gründete er die Hilfsorganisation "Guter Engel", die etwa kranke Kinder unterstützt.

Im Wahlkampf positionierte sich Kiska ähnlich wie Frank Stronach in Österreich. Er präsentiere sich als Gegenkandidat zum Politik-Establishment, "setzt auf die Karte der Politikverdrossenheit", sagt Muransky.

Fico hat sich jedenfalls kräftig auf den Millionär Kiska eingeschossen und beschuldigt diesen, bei seinen Geschäften Wucher betrieben zu haben. Kiska weist diese Anschuldigungen freilich entschieden zurück. Die angriffslustigen Töne von Fico dienen wohl auch der Mobilisierung der eigenen Wählerschaft. Denn viele seiner Anhänger könnten zu Hause bleiben, weil sie Ficos Sieg schon als sicher ansehen.

Es bleibt aber die Frage, warum Fico überhaupt die Nachfolge von Amtsinhaber Ivan Gasparovic antreten will. Denn als Präsident hätte er weniger Macht und Einfluss, als wenn er Premier bliebe.

Hier könnten nur Mutmaßungen angestellt werden, betont Muransky. Der Politologe selbst glaubt, dass sich Fico bewusst sei, dass jeder Regierungschef sich irgendwann verschleißt. Der Langzeitpolitiker kann sich nicht sicher sein, dass seine Smer-Partei die Parlamentswahlen 2016 gewinnt und dass er selbst zu diesem Zeitpunkt die gleiche Popularität besitzen wird. "Er braucht sozusagen ein persönliches Update und weiß, dass ein Wechsel des Amtes das Leben in der Politik verlängert." Zudem mache Fico mit seinem Schritt "einen neuen Machtraum innerhalb der Smer frei", sagt Muransky. Diese muss sich von der dominanten Figur Fico lösen und neu definieren.

Manch politischer Gegner von Fico aus dem oppositionellen Mitte-rechts-Lager spricht dem Regierungschef hingegen ganz andere Motive zu. Immer wieder wird Fico vorgeworfen, dass es ihm vor allem darum gehe, seiner Smer-Partei noch mehr Macht zuzusichern. Sie warnen vor dem "Diktat einer Partei", vor antidemokratischen Tendenzen, dass Fico kein unabhängiger Präsident sein werde. Dass dieser ein Machtmensch ist, streitet wohl niemand ab. Aber viele Beobachter verweisen darauf, dass sich der Noch-Premier auch bewusst ist, wo die Grenzen seiner Macht liegen und an welche Spielregeln sich ein kleines EU-Land wie die Slowakei halten muss.