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Die deutsche Fernsehlandschaft ist um eine erhellende Debatte reicher: Es geht um die Zulässigkeit sogenannter "Scripted Reality", also Sendungen, die so tun, als wären sie dokumentarisch, in Wahrheit aber nach einem erfundenen Drehbuch produziert werden. Auf diesen auf "echt" inszenierten Geschichten wie "Mitten im Leben", "Verdachtsfälle", "Familien im Brennpunkt", "Die Schulermittler" oder "Zwei bei Kallwass" basieren weite Teile des Nachmittagprogramms etwa bei RTL.
Eine Studie der öffentlich-rechtlichen Gesellschaft zur Förderung des internationalen Jugend- und Bildungsfernsehens hat nun ergeben, dass 30 Prozent der Befragten tatsächlich glauben, dass es sich bei den Filmen um echte Dokumentationen handelt. Und immerhin51 Prozent der Kinder und Jugendlichen meinen, dass die Reality-Soaps mit erdachter Handlung bei der Lösung von realen Problemen helfen.
Das mag auf den ersten Blick überraschen, sind viele dieser Sendungen doch so offensichtlich erfunden, dass man schon sehr naiv sein muss, um sie für real zu halten. Auf den zweiten Blick ist es wenig überraschend, denn es zeigt, wie wenig reflektiert Trash-Fernsehen aufgenommen wird, sprich, es wird nicht einmal mehr darüber nachgedacht, ob die Handlung plausibel ist oder nicht.
Wie auch immer, das Fernsehen wandelt damit an der Grenze zum Missbrauch. Wenn man bewusst offen lässt, ob etwas erfunden ist oder nicht, untergräbt man auf die Dauer die eigene Glaubwürdigkeit. Nicht, dass das bei manchen Sendern nicht auch schon egal wäre, aber strategisch ist das nicht wahnsinnig schlau.