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Alles hat ein Ende...

Von Barbara Ottawa

Wirtschaft
Barbara Ottawa ist freie Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.

...nur der Kapitalismus und diverse Kapitalmarktinstrumente scheinen mehrere zu haben. | Ein Blick auf Totgesagtes.


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Die Veranstaltung begann zu den Klängen von "Also sprach Zarathustra". Von Zarathustra schien es beim Raiffeisen Ökologiegespräch nicht weit zu Nietzsche, denn Peter Engert, Geschäftsführer der Raiffeisen-Leasing, wandelte ein Zitat des Philosophen ab: "Der Kapitalismus ist tot. Er starb im Herbst 2008. Was jetzt bleibt, ist die ökosoziale Marktwirtschaft."

Das ist nicht das erste Mal, dass der Kapitalismus totgesagt wurde - und wahrscheinlich nicht das letzte Mal. Schon nach dem Zweiten Weltkrieg, als weite Teile der Welt unter einer Rezession litten, prophezeiten manche das Ende dieser Wirtschaftsform. Genau betrachtet, könnte man argumentieren, dass die von Engert präsentierte "neue Weltordnung" nur eine andere Ausformung des Kapitalismus ist, bei der soziale und ökologische Überlegungen die Märkte steuern sollten. Das Prinzip der marktgesteuerten Preisbildung bleibt jedoch, und "die Apokalypse-Szenarien, die nach dieser Finanzkrise entstanden sind, sind wieder in die Schublade verschwunden", sagte ein Investmentmanager unlängst.

Vertreter der Finanzbranche sind sich einig, ohne damit zitiert werden zu wollen: "Der Mensch, und Investoren sind ja auch nur Menschen, hat ein sehr kurzes Gedächtnis und ist ein Neidwesen. In der nächsten Boomphase wird es also wieder zu Übertreibungen kommen."

Kein Kapitalismus ohne Renditejagd

Sie argumentieren, dass der Kapitalismus nicht ohne Renditejagd funktioniert, dass aber der Wille da sein muss, diese in die richtigen, produktiven, sozial und ökologisch vertretbaren Bahnen zu lenken. So war es schon seit Beginn des Frühkapitalismus im 15. Jahrhundert. Seitdem hat sich der Kapitalismus verändert, um sich an den Wandel von der Waren- zur Geldwirtschaft anzupassen, und diese Anpassung wird weitergehen. Vielleicht in Richtung ökosoziales Denken, aber vielleicht auch, nachdem John Maynard Keynes bei den Ökonomen wieder Gnade gefunden zu haben scheint, in Richtung staatliche Steuerung. Der britische Ökonom hatte in den 1930ern sein wirtschaftliches Modell entwickelt, bei dem Regierungen durch Zinsanpassungen und Steuerung des Geldflusses negativen Marktzyklen entgegenwirken. Lange Zeit war der Keynesianismus in Ungnade gefallen, aber nach der jüngsten Krise ist der Name seines geistigen Vaters wieder öfter zu hören.

Gerade, wenn es im Zusammenhang mit Kapital um staatliche Einflussnahme geht, gibt es schon die nächsten verfrühten Todesmeldungen: Die Hedge Fonds und andere alternative Anlageformen werden sterben, wenn die von der EU vorgeschlagene Direktive zur Verwaltung alternativer Investmentfonds beschlossen wird.

Diese sieht verschärfte Regularien für bisher wenig regulierte Investmentformen vor. Die EU will damit private Anleger schützen. Gegner argumentieren, dass durch eine verschärfte Regulierung diese Investmentformen ihre Möglichkeit verlieren, sich unabhängig vom regulierteren Kapitalmarkt zu entwickeln. Dem kann man entgegenhalten, dass schon in der Krise die alternativen Anlagen oft direkt korreliert waren mit den klassischen Anlageformen und beinahe genauso abgestürzt sind. Allerdings hat die Geschichte gelehrt, dass durch eine verschärfte Regulierung anderswo neue Investmentinstrumente entstehen werden, die diese umgehen.

Allein die Anleger können durch eine kritischere Hinterfragung der Konstruktionen neuerliche Auswüchse verhindern.

Barbara Ottawa ist freie

Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.